Bishu Prusty
Während der größte Akt der Aufopferung in dieser Welt darin besteht, dass Gott beschloss, sich in eine menschliche Gestalt zu hüllen und als Mensch geboren zu werden, ist es für Gott vielleicht eine noch größere Herausforderung, die Menschen von seiner Göttlichkeit zu überzeugen. Aus diesem Grund hat jeder Avatar der Menschheit seine Wirklichkeit verkündet, nach und nach, um den Verstand der Massen langsam darauf vorzubereiten, das Unermessliche des Segens, der ihnen zuteil geworden ist, anzunehmen, zu erkennen und zu assimilieren.
Im Avatar Krishna zum Beispiel verblüffte das Kind Krishna das unschuldige Volk von Gokul in Brindavan hin und wieder mit seinen kindlichen Taten. Ob es darum ging, den Ammen-Dämon Putana zu besiegen, den Karren-Dämon Shakatasura zu unterwerfen, den Vogel-Dämon Bakasura zu vernichten, später den gesamten Berg Govardhan anzuheben oder auf der tödlichen Schlange Kaliya zu tanzen – diese Lilas führten den Menschen von Mathura und Brindavan die Tatsache vor Augen, dass Krishna zweifellos jenseits des Gewöhnlichen ist.
Das war nicht anders, als derselbe Herr als Sri Sathya Sai Baba auf die Erde herabstieg. Schon 1953 offenbarte Sai Baba, dass die ersten sechzehn Jahre seiner Avatarschaft von Lilas geprägt sein würden und die nächsten sechzehn von Mahimas bunt gesprenkelt. Aber wer und was als Instrumente für die Manifestation dieser Lilas und Mahimas ausgewählt werden würde, war immer eine göttliche Vermutung.
So wie der Berg Govardhan vom Herrn unter allen Bergen in Brindavan ausgewählt wurde, so war auch von allen Bäumen in Puttaparthi der hohe und ausladende Tamarindenbaum auf dem Gipfel des Hügels am linken Ufer des Citravati-Flusses der Auserwählte. Als junger Sathya ging Sai Baba mit seinen Spielkameraden zu diesem Baum und pflückte von ihm eine Vielzahl von Früchten – Äpfel von einem Zweig, Mangos von einem anderen, Orangen vom dritten, Birnen und Feigen vom vierten und fünften und so weiter.
Zu anderen Zeiten gab er allen Anwesenden ein Blatt dieses Baumes und bat sie, ihre Handflächen geschlossen zu halten. Wenige Augenblicke später öffneten sie sie auf seinen Befehl hin und fanden zu ihrem Erstaunen Kandiszucker, Pfefferminzbonbons, Gebetsketten oder etwas anderes in ihren Händen.
Einmal, als alle diese sofortigen Materialisationen mit Staunen und Ehrfurcht beobachteten, bat Sathya sie, ihre Hände wieder zu schließen, und als sie sie wieder öffneten, waren diese Geschenke weg! In jeder Hand befand sich wieder ein Tamarindenblatt! Und Sathya stand da und lächelte spitzbübisch.
Jeder Tag mit Sathya war einzigartig und aufregend. Nachdem er 1940 seine Avatarschaft erklärt hatte und begann, im Alten Mandir zu wohnen, war Swami fast jeden Abend am Ufer des Citravati-Flusses. „In dem Moment, in dem Swami laut mit seiner süßen Stimme verkündete: ‚Wir fangen an. Kommt alle‘, hörten die Leute mit dem auf, was sie gerade taten, und alle – Männer, Frauen und Kinder – rannten hinter ihm her“, erinnerte sich Smt. Vijaya Kumari, eine Devotee von damals.
Sie folgten ihm wie sein Schatten, kletterten den Hügel hinauf und versammelten sich oft unter diesem üppigen und großen Tamarindenbaum, um sich auszuruhen und zu entspannen, während sie Bhajans sangen und ihren lebhaften und ausgelassenen Swami beobachteten.
„Er sagte uns, wir sollten Blätter vom Baum pflücken, sie in unserer Hand halten und die Faust schließen. Und dann sagte er: ‚Bittet um alles, was ihr wollt!‘ Wenn wir unsere Fäuste öffneten, war das, was wir uns heimlich gewünscht hatten, da!“ So erinnerte sich die verstorbene Smt. Radhakrishna Setty an ihre schönen Erinnerungen. Doch die Geschichte ist damit noch nicht zu Ende. Sie fuhr fort: „Manchmal glaubten die Menschen ihm nicht. Sie dachten an einen Gegenstand, aber bevor sie ihre Fäuste öffneten, fragten sie Swami, um zu prüfen, ob er ihre Gedanken kannte. Und Sai Baba sagte genau, was in ihren Händen war, noch bevor sie sie geöffnet hatten. Alle waren ganz verblüfft!“ Die Begeisterung von Smt. Radhakrishna war ansteckend.
Auch der Raja von Venkatagiri erlebte verwirrende Momente mit diesem magischen Baum. Eine Seite aus seinem geistigen Tagebuch besagt: „Ein oder zwei Mal war ich mit Swami zusammen, als er zu diesem Tamarindenbaum ging. Er pflegte die Devotees zu bitten, irgendeine Art von Frucht zu erbitten, auch solche außerhalb der Saison. Er sagte einfach: ‚Welche Frucht willst du? Geh einfach und hol sie dir!‘ Alle bekamen, was sie wollten.“ Das Interessante daran ist, dass sie es nicht aus Swamis Hand erhielten, sondern vom Baum selbst. Tatsächlich saß Swami weit weg vom Baum.
Kein Wunder also, dass sich dieser heilige Baum den Ruf erwarb, als Kalpavriksha oder Kalpataru verehrt zu werden – der mythologische Baum in der indischen Kultur, der jeden Wunsch erfüllen kann! In der Tat war Kalpataru die von Swami gewählte Leinwand für eine Reihe spektakulärer Manifestationen seiner Macht und Herrlichkeit.
Eines Abends, als er neben diesem wunscherfüllenden Baum stand, rief Swami von der Spitze des Hügels aus mit befehlsgewohnter Stimme der Gruppe von Devotees zu: „Schaut auf und seht mich! Ich werde euch die Sonne zeigen!“ Alle fragten sich, wie die Sonne zurückkommen könnte, da es bereits dämmerte. Aber als sie zu Sai Baba blickten, sahen sie neue Strahlen hinter Swamis Kopf auftauchen.
Erstaunt schauten sie mit weit geöffneten Augen weiter. In Sekundenschnelle war der Abendhimmel plötzlich voll blauer Wolken. Die Strahlen wurden allmählich rot und noch röter! Sie wurden sogar feurig, und die Devotees begannen, die Hitze zu spüren. Alle fingen an zu schwitzen, und die Hitze wurde immer stärker, so dass die Menschen es nicht mehr aushielten – es war wie unter der sengenden Sonne! In ihrer Verzweiflung flehten sie: „Swami! Es ist zu heiß! Es brennt!“ Augenblicklich begann die Temperatur zu sinken, und in wenigen Augenblicken war alles wieder normal. Alle Devotees stießen einen Seufzer der Erleichterung aus.
Doch noch bevor sie sich vollständig von diesem „Blitz-Erlebnis“ erholen konnten, kam Sai Babas donnernde Stimme wieder vom Hügel herunter: „Schaut alle her. Ich werde euch jetzt den Mond zeigen!“
Noch bevor seine Worte endeten, begannen aus dem Nichts honigfarbene, beruhigende Strahlen den Himmel zu erfüllen. Es war, als befände sich Swamis Kopf in der Mitte dieses Kolosses aus strahlendem Licht, das immer weißer und heller wurde! Und der ganze Ort wurde immer kühler und kühler!
In kürzester Zeit wurde es so kalt, dass die Menschen zu zittern begannen! Ihre Körper wurden steif und ihre Zähne begannen zu klappern. Und wieder flehten sie: „Swami, es ist zu kalt, sehr kalt! Wir erfrieren!“
Im Handumdrehen wurde es wärmer und all die strahlenden und kühlen Strahlen hinter Swamis Kopf verschwanden so magisch, wie sie erschienen waren.
Alle Devotees fragten sich nun: „Oh mein Gott! Was wird unser Swami als nächstes tun!“ Kaum hatte sich ihr Atem beruhigt, kündigte Swami erneut mit Nachdruck an: „Jetzt werde ich euch allen das Dritte Auge zeigen! Seht genau hin! Verpasst das nicht!“
„Das Dritte Auge? Wie soll das denn gehen!“ Alle waren verblüfft. Als sie Swami anstarrten, ohne auch nur mit den Augenlidern zu zucken, wurde zu ihrem Schrecken und Entsetzen Swamis gesamter Körper unsichtbar! In der nächsten Sekunde sahen sie am Horizont Sai Babas Kopf, der gigantisch geworden war und das gesamte Firmament ausfüllte. Es war tatsächlich so, als wäre sein Gesicht zum Himmel geworden. Und was dann geschah, zog allen den Boden unter den Füßen weg!
In der Mitte von Sai Babas Stirn, zwischen seinen Augenbrauen, erschien eine Öffnung. Von dort stoben feurige und rauchende Funken wie heiße Lava, die aus einem Vulkan sprudelt. Es war so furchteinflößend und atemberaubend, dass die meisten Menschen vom Glanz und der Heftigkeit dieses auffallenden Loderns gleißenden Lichts geblendet waren. Das war zu viel für sie, ihr Körper versagte seinen Dienst und sie wurden bewusstlos. Andere fingen in Panik an zu weinen! Um es noch schlimmer zu machen, als sie aufblickten, war kein Swami zu sehen!
Völlig verloren und verwirrt begannen sie vor Schmerz und Wahnsinn zu weinen. Ihre Welt war auf den Kopf gestellt worden. Sie hatten keine Ahnung, was mit ihnen geschah und wie sich dieses Rätsel lösen lassen könnte.
Während sie unkontrolliert weinten, sahen sie zu ihrem Erstaunen auf einmal Swami direkt neben sich stehen! Sie wussten nicht, ob sie jubeln oder prüfen sollten. Doch Sai Baba erkundigte sich liebevoll: „Wie geht es euch allen? Was ist passiert?“ und klopfte ihnen auf die Schultern. „Warum weint ihr? Warum sind die Kinder in Ohnmacht gefallen?“ Er fuhr fort, in großer Sorge zu fragen.
Die Devotees wussten nicht, was sie darauf antworten sollten. Sie umarmten Swami einfach fest und weinten weiter. Sie hatten ihren Swami zurück – den Swami, den sie kannten, den Swami, mit dem sie jeden Tag spielten, den Swami, der sang, herumtollte und sie jeden Moment mit seiner Musik und seinen Wundern erfreute. Das war genug. Sie wollten nichts anderes.
Jetzt fassten sich einige von ihnen ein Herz und fragten voller Sorge: „Swami, geht es Dir gut? Bist Du in Sicherheit? Es war so beängstigend! Plötzlich haben wir Dich nicht mehr gesehen! Unsere Welt ist zusammengebrochen!“
Sai Baba lächelte einfach und versicherte ihnen, dass ihm nichts passieren kann. In der nächsten Sekunde hob sich seine Hand in die Luft und materialisierte Vibhuti, das er auf die Stirn aller Devotees rieb, einschließlich derer, die in Ohnmacht gefallen waren. Wie durch ein Wunder stand einer nach dem anderen von denen, die bewusstlos waren, auf!
„Wir hatten das Gefühl, als würden wir in der Luft schweben. Eine unaussprechliche Freude erfüllte unser Wesen. Es war eine süße Welle schöner Gefühle. So etwas hatten wir noch nie erlebt. Es war sonderbar, angenehm und kraftvoll. Uns war schwindlig. In der Tat verbrachten wir den ganzen Abend in diesem seltsamen Zustand. Auch am nächsten Tag waren wir in einem ähnlichen Zustand. Unser Gang war unsicher, unser Geist war in einer himmlischen Zone gefangen.“ Smt. Vijaya Kumari hat lebhafte Erinnerungen an dieses außergewöhnlichste Ereignis in ihrem Leben.
Als die Devotees auch 24 Stunden nach diesem phänomenalen Ereignis nicht zur Normalität zurückkehrten, suchten sie Swamis Eingreifen und Führung. In diesem Moment offenbarte Sai Baba: „Ihr alle habt euch über viele Geburten danach gesehnt, einen Blick auf das Dritte Auge des Herrn zu werfen. Ich gewährte euch diesen Darshan als Antwort auf eure Gebete. Allerdings habe ich euch nicht einmal ein Tausendstel seines Glanzes gezeigt. Ihr wart nicht in der Lage, dieser Intensität standzuhalten. Euer gegenwärtiger Zustand der Euphorie ist diesem Schauspiel zu verdanken.“
Die Devotees waren überwältigt. Sie brachen zusammen, wuschen seine Füße mit ihren Tränen und sagten: „O Swami, wenn wir das nur vorher gewusst hätten, hätten wir diesen besonderen Darshan besser ertragen und mehr genossen! Du hast uns dies aus Deiner Gnade heraus gewährt, aber wir konnten diese Gelegenheit nicht wirklich nutzen. Wir wurden unruhig, als wir die Öffnung auf Deiner Stirn sahen, und später, als Du ganz verschwunden warst. Wir waren wirklich schockiert und waren wie von Sinnen!“ Als sie ihr Herz zu seinen Füßen ausschütteten, sagte Sai Baba nichts, sondern sah sie alle mit äußerster Liebe und Barmherzigkeit an. Und wieder materialisierte er Vibhuti und trug es ihnen auf die Stirn auf. Da begannen die Devotees langsam zur Normalität zurückzukehren. Dennoch pulsierte die unaussprechliche Ekstase in ihnen weiter.
Ereignisse wie diese gab es viele in jenen heiteren Tagen, als Swami jeden Abend am Ufer des Citravati war. Ein anderer Devotee, Sri Veeraj Urs, erinnerte sich an diese zeitlosen Erinnerungen und erzählte: „Einmal sah ich Krishna im Schneidersitz, mit einer Flöte an den Lippen und einem Sudarshancakra, das sich an seinem Finger drehte, auf dem Kalpavriksha-Hügel.“
Während die Devotees, die der Herr für solche transzendentalen Erfahrungen auswählte, diese Glücklichen waren, war die vom Göttlichen gewählte Bühne dieser heilige Kalpavriksha-Hügel. Es war, als solle uns vermittelt werden, dass dieser heilige Ort uns nicht nur alle materiellen Gaben verleihen kann, die wir uns wünschen – von Früchten und Stiften bis hin zu Süßigkeiten und Edelsteinen –, sondern auch die seltensten der seltenen spirituellen Kenntnisse.
Die Devotees von einst erinnern sich, wie damals in einiger Entfernung vom Kalpavriksha-Baum ein breiter Graben war, über den Sathya, der kleine Meister, wie ein junges Reh sprang, und dann einem nach dem anderen, über diesen Graben zu springen half, indem er sie mit seiner ausgestreckten Hand zog. Viele der Devotees waren kräftig und wahrscheinlich dreimal so alt wie er, aber Sathya hob sie hinüber, als wären sie leichte Baumwolle! Dass dies auf der Anhöhe des Kalpavriksha geschah, ist in der Tat bedeutsam.
Der Herr ist in der Tat hier, um uns aufzurichten, zu heben und zu erheben, und wie der Kalpavriksha uns alles zu geben, was wir uns wünschen, damit wir uns eines Tages nach dem sehnen, was er uns wirklich schenken möchte.
Er ist in Wahrheit dieser Kalpavriksha für uns. Unzählige Male hat Sai Baba erklärt: „Warum müsst ihr euch auf die Suche nach irgendetwas machen, wenn ich wie der Kalpataru, der wunscherfüllende Baum, für euch da bin. Seid nicht töricht. Kommt nicht zu mir und bittet um belanglose Dinge. Das ist so, als würde man Kaffeepulver von einem Kalpataru erbitten!“
Als Smt. Karunamba Ramamurthy diese Botschaft von ihm erhielt, fügte er hinzu: „Lasse die Wünsche der Welt und gehe in mir auf. Ich bin Dein. Du bist Mein. Im Moment sind wir noch getrennt, aber wir sollten eins werden.“ Vielleicht hat Sai Baba dieses äußere Theater des Kalpavriksha geschaffen, um diese Wahrheit fest in uns zu verankern und sie immer wieder zu wiederholen.
Als Sai Baba im April 2011 seine sterbliche Hülle verließ, fiel auch dieser fromme Baum innerhalb weniger Wochen. Vielleicht konnte er die Last des Kummers und der Trennung nicht ertragen. Vielleicht spürte er, dass es keinen Grund mehr für seine Existenz gab. Doch so wie Swami so viele verlorene Seelen nach seinem physischen Ableben auf seine unnachahmliche Weise wiederbelebte, wurde auch dieser göttliche Baum von ihm wiedererweckt, vielleicht um die Rolle einer kraftvollen Erinnerung zu spielen, die alle wieder mit ihrem höheren Selbst verbindet.
Heute wandern zahlreiche Devotees auf diesem heiligen Pfad und erreichen den Gipfel dieses heiligen Hochlands, um diesem geweihten Baum ihren Gruß darzubringen und ihren Swami, ihren wahren Kalpataru, zu bitten, ihre Wünsche zu adeln und sie zu neuen Höhen des Glaubens und der Hingabe zu erheben.
Wenn ihr das nächste Mal in Puttaparthi seid, versäumt nicht diese Wanderung und ein Stelldichein mit diesem mystischen Baum, der zweifellos ein unauslöschlicher Teil der Sri Sathya Sai Saga geworden ist!
Quelle: Sanathana Sarathi September 2022
© Sri Sathya Sai Sadhana Trust Sadhana Trust – Publications Division, Prasanthi Nilayam