Sanathana Sarathi 12/2021

Rani Subramanian

Einige Jahre, nachdem Swami seinen Wohnsitz in PrasanthiNilayam genommen hatte (er zog aus dem alten Mandir im Dorf Puttaparthi um), führte er im Ashram die Praxis des „Om“-Singens ein. Er kündigte an, dass sich alle Devotees in der Bhajan-Halle versammeln sollten und ihnen die richtige Methode des Singens beigebracht werden würde. So begannen diese „Omkara-Sitzungen“, jeden Morgen um 3:30 Uhr, der Brahmamuhurtha, der heiligen, verheißungsvollen Stunde. Später änderte Swami offenbar die Zeit dieser Sitzungen.

Pranava vom Urvater selbst lernen

Ein paar Tage nach Beginn des Übens kam er in unser Zimmer. Meiner jüngeren Schwester war eine Unterkunft zugewiesen worden, aber Swami weigerte sich, mir eine zu geben. Jedenfalls betrat er das Zimmer und bat uns beide, uns auf den Boden zu setzen. Er hockte sich ebenfalls auf den Boden, mit dem Gesicht zu uns beiden. Dann fragte er: „Kennt ihr den Sinn des Omkara-Rezitierens? Ich werde euch die Bedeutung von Omkara erklären und euch auch die richtige Art und Weise lehren, es zu rezitieren. Es muss richtig gemacht werden!“

Er fuhr fort, die Kraft von Omkara zu erklären und sagte, dass es Antahkarana reinigt – Manas, Buddhi, Citta und Ahamkara (Geist, Intellekt, Gemüt, Ego). Er sagte weiter, dass es alle Koshas oder Hüllen reinigt, in denen die individuelle Seele eingeschlossen ist: Annamayakosha (Hülle der Nahrung), Pranamayakosha (Lebenshülle), Manomayakosha (geistige Hülle), Vijnanamayakosha (Weisheitshülle) und Anandamayakosha (Glückseligkeitshülle). „Durch diese Läuterung“, sagte er, „führt Omkara einen näher an die eigene Göttlichkeit heran.“

Und dann rezitierte er es für uns, und wir wiederholten es auf genau dieselbe Weise. Damals gab es für Swami keine Stühle! Er saß einfach auf dem nackten Boden und sang. Wir taten es ihm gleich und bemühten uns ernsthaft, zu lernen. Nach ein paar Tagen besuchte er uns wieder und sagte: „Ich bin gekommen, um zu sehen, wie gut ihr gelernt habt! Lasst mich hören – singt Omkara.“ Er hörte sich unserSingen an und sagte, es sei zufriedenstellend. Und dann wies er uns an, jeden Tag zu singen.

Mantropadesha

Ein paar Tage später, als wir zufällig bei Swami waren, fragten wir ihn: „Swami, wir haben kein Mantra. Wir haben gehört, dass das Wiederholen eines Mantras auf dem spirituellen Weg sehr wichtig ist. Wirst Du uns Upadesha geben und uns in ein Mantra einweihen?“ Er sagte: „Nein! Ich gebe keine Mantras.“

Im Nachhinein hat Swami damals deutlich gemacht, dass er reines Advaita (nicht-dualistisch) ist und das repräsentiert Omkara, obwohl wir den wahren Sinn seiner Aussagen nicht verstanden haben. Omkara bedeutet in der Tat Parabrahman, den Einen jenseits von Name und Form, wie in der Bhagavadgita erklärt. Zu dieser Zeit hatten wir weder diese heilige Schrift gelesen, noch hatten wir eine Vorstellung davon, wofür sie steht. Swami wusste, dass wir noch nicht bereit für eine ausführliche Erklärung waren. Deshalb sagte er uns lediglich, wir sollten Omkara wiederholen, und meinte, das sei gut für uns.

Zu jener Zeit fragten wir ihn mit Bestürzung: „Swami, wie werden wir dann unser Mantra bekommen?“ Er sagte uns, wir sollten zu Gott um ein Mantra beten und versicherte uns, dass wir es erhalten würden. „Aber ihr solltet beharrlich sein“, sagte er, „es wird zu euch kommen, wenn die Zeit reif ist. Bis dahin müsst ihr weiter beten.“

Doch wir beharrten auf unseren Bitten. „Was sollen wir rezitieren, bis wir das Mantra erhalten?“ Er sagte: „Jede von euch hat eine Ishtadevata – eine bestimmte Form, die euch zusagt. Ich schreibe euch nicht vor, welche Form ihr wählen sollt, sondern ihr wählt eine aus. Wenn ihr Rama mögt, dann wiederholt ‚Om Sri Rama‘; wenn ihr Krishna mögt, rezitiert ‚Om Sri Krishna‘. Denkt daran, dass ihr zwei Gurus habt – einer ist eure Ishtadevata (gewählte Gottheit) und der andere ist der Guru, der Upadesha (spirituelle Unterweisung) gibt.“ Dann fuhr er scheinbar nebenbei fort: „Wenn ihr meinen Namen mögt, könnt ihr auch ihn wiederholen.“

Als nächstes fragte er mich, welche Form mir gefiel. Ich gestand, dass ich Krishna mochte, weil ich mich leichter mit Krishna identifizieren konnte als mit Rama. Die Art, wie er sich unter seinem Volk bewegte, seine Liebe und so weiter, gefielen mir. Rama war zu streng, zu streng mit allem! Swami sagte, dass es in Ordnung sei, da die Wahl bei mir läge und es keinen Unterschied mache. Diese Anweisung gab Swami uns allen vieren, meinen Schwestern und mir. Einige Monate nach diesem Vorfall erhielt jede von uns in ihren Träumen ein Mantra, je nach Verdienst oder Vorliebe.

Ich erhielt das Mantra nicht in Puttaparthi, sondern in Nagpur, dem Ort, an dem ich zu jener Zeit lebte. Nachdem ich das Mantra erhalten hatte, fuhr ich nach Puttaparthi und Swami kam kurz darauf in unser Zimmer. Ich erzählte ihm, dass ich das Mantra erhalten hatte. Er sagte: „Das ist sehr gut. Sag mir, welches Mantra hast du erhalten?“ Als ich es ihm offenbarte, wies er mich darauf hin, dass man es nicht allen erzählen sollte. Er sagte jedoch, dass er mein Guru sei und es daher in Ordnung sei. Er erinnerte mich daran, dass er mich bei meinem allerersten Besuch gebeten hatte, Padapuja (Verehrung seiner Füße) zu machen, und erklärte mir, dass dies der Grund sei, warum er mich damals gebeten hatte, die Puja zu machen. Wir hatten nicht einmal erkannt, dass er unser Guru ist!

Dennoch gab es etwas, das mich beunruhigte. Ich platzte heraus: „Swami, ich habe ein Rama-Mantra erhalten. Aber meine Ishtadevata ist Krishna. Hältst du das für richtig?“ Er sagte: „Deine Frage zeigt, dass du die Tatsache nicht verstanden hast, dass Rama und Krishna ein und dasselbe sind. Warum siehst du einen Unterschied? Alle Formen sind eins. Aus irgendeinem Grund hast du das Rama-Mantra erhalten. Nimm es mit Ehrfurcht an. Wenn du weiterhin einen Unterschied in den Formen wahrnimmst, wird die Wirksamkeit des Mantras abnehmen. Lass Rama dein Mantra sein, Krishna deine Ishtadevata, aber wiederhole es, ohne dir eines Unterschieds bewusst zu sein. Dann wirst du mit Sicherheit diesen Bewusstseinszustand erreichen. Du kannst dich glücklich schätzen, ein so gutes Mantra erhalten zu haben.“ Seit diesem Tag habe ich das Mantra, das ich erhalten habe, immer wieder rezitiert.

Die göttliche Einladung nach Kodaikanal

In jenen Tagen bat Swami uns, ihn vor allem im Sommer zu besuchen. Er sagte, dass dann weniger Menschen anwesend seien und der Ort ruhiger sei und er viel Zeit mit uns verbringen könne. So fuhr ich einen Sommer nach dem oben genannten Vorfall mit meiner jüngeren Schwester, die eine Brahmacharini (zölibatär) ist, meiner 9-jährigen Tochter und meiner 4-jährigen Nichte nach Puttaparthi. Als wir ankamen, war Swami in Puttaparthi. Doch nach ein paar Tagen verließ er Puttaparthiunerwartet mit dem Auto, ohne uns zu informieren.

Wir gingen zu Onkel Kasturi und fragten ihn nach Swamis Reiseziel und dem voraussichtlichen Datum seiner Rückkehr. Er sagte uns, dass Swami nach Kodaikanal gegangen sei. Enttäuscht fragten wir Onkel Kasturi: „Was ist los? Wir sind den ganzen Weg nach Puttaparthi gekommen mit dem einzigen Ziel, Zeit mit Swami zu verbringen. Aber er hat uns im Stich gelassen, ohne uns zu erlauben, abzureisen oder uns mitzuteilen, wann er zurückkehren würde. Was sollen wir tun?“ Onkel Kasturi bat uns, einen Brief an Swami zu schreiben. „Sagt ihm, dass ihr Puttaparthi nicht ohne seine Erlaubnis verlassen könnt. Er wird das Datum eurer Rückkehr angeben – das ist die Vorgehensweise.“, sagte er.

Also schrieben wir einen Brief an Swami an die von Onkel Kasturi angegebene Adresse. Der Inhalt des Briefes war: „Swami, wir sind um Deinetwillen hierher gekommen. Aber Du hast uns hier zurückgelassen. Was sollen wir tun? Ohne Deine Anwesenheit hier gibt es keinen Grund für unseren Aufenthalt in Puttaparthi. Sollen wir zurückgehen? Was möchtest Du, das wir tun sollen?“ Dann erhielten wir ein Telegramm von Swami. Es lautete einfach: „Fahrt nach Kodaikanal und bleibt bei mir.“

Wir waren glücklich. Wir fuhren nach Chennai und kontaktierten eine Dame in Kodaikanal, die eine gute Freundin von uns war, um eine Unterkunft zu finden. Sie war eine Anhängerin von Sri Ramakrishna und besaß dort zwei Bungalows. Die Tochter von KamalaSarathi und zwei weitere Freunde schlossen sich uns an. Wir waren nun eine Gruppe von fünf Erwachsenen und Kindern und es war uns gelungen, über meine Freundin einen Bungalow für ein paar Monate zu organisieren. Das einzige Problem war, dass dieser Ort sehr weit von Swamis Wohnsitz entfernt war. Aber es war auch der einzige Bungalow, der zu dieser Zeit verfügbar war.

Gleich am Tag unserer Ankunft in Kodaikanal machten wir fünf, mit zwei Kindern, einen langen Spaziergang den Hügel hinauf zu Swamis Wohnhaus, dem wunderschönen Bungalow von Sri Venkatamuni. Als wir uns dem Haus von Susheelamma (Smt. Venkatamuni) näherten, sahen wir zu unserem großen Entsetzen Swami in einem Auto wegfahren. Er hatte zwei oder drei Personen bei sich. Sri Raja Reddy fuhr, und Swami saß neben ihm, während ein paar Herren auf dem Rücksitz des Wagens saßen.

Swami sah uns kommen, hielt das Auto an und rief aus: „Rani Ma, komm her. Mach dir keine Sorgen. Ich werde Kodaikanal nicht verlassen und irgendwo anders hingehen. Bleib hier. Ich werde nach ein paar Tagen zurückkehren. Ein sehr lieber Devotee von mir ist schwer krank. Er möchte meinen Darshan.“ So bat er uns, bis zu seiner Rückkehr in Kodaikanal zu bleiben und jeden Tag zum Mittagessen in Susheelammas Haus zu gehen. Nach seiner Rückkehr frühstückten und aßen wir draußen zu Abend, verbrachten aber fast den ganzen Tag mit Swami in Susheelammas Haus. Mittagessen und Tee wurden für uns bereitgestellt.

Lektionen über Moksha

Eines Tages rief er uns zu sich und sagte: „Es gibt drei Stufen auf dem spirituellen Weg. Ihr habt zwei Stufen bewältigt. Die dritte ist sehr schwer zu erreichen. Die ersten beiden Stufen sind wie ein Spaziergang, sie sind leicht. Die dritte Stufe jedoch erfordert einen Sprung – das können nur sehr wenige, und deshalb zögern die Menschen.“

Jetzt, nachdem ich die Bhagavadgita gelesen habe, habe ich verstanden, dass Swami mit der dritten Stufe Moksha (Befreiung) meinte. Moksha ist sehr schwer zu erreichen. Man muss sich vollständig vom Ego befreien, jederzeit im göttlichen Bewusstsein leben und keine Spur von weltlichen Wünschen wie Artha (Reichtum) und Kama (Begierden) darf den Geist trüben. Dies ist die letzte Stufe, der Zustand der Befreiung vom Geist (mind). Der Geist ist derjenige, der dich glauben lässt, du seist der Körper. Er sagt dir, dass du der Sohn von jemandem bist, der Bruder von jemandem und so weiter.

Swami fuhr fort: „Die letzte Stufe ist sehr schwer zu erreichen. Aber ihr müsst sie erreichen. Die Prüfungen, die auf euch zukommen, werden schwierig sein. Ihr müsst nach innen gehen und die Antwort suchen. Swami wird euch sagen, wie ihr mit jeder Situation umgehen sollt. Verzichtet auf das Ego.“

In dieser gesamten Unterweisung ging es darum, dass wir die Gefühle von „Ich“ und „Mein“ vollständig ausmerzen müssen. Deshalb gab er mir auch keine Unterkunft in Puttaparthi. Er sagte: „Du arbeitest für ‚du‘ und ‚dein‘. Warum sollte ich dir ein Zimmer geben? Wenn ich das täte, würde ich dich auf die Ebene von ‚ich‘ und ‚mein‘ herablassen. Ihr habt alle Angst, den letzten Schritt zu tun und sträubt euch; tut das nicht. Stehendes Wasser fängt an, üble Gerüche zu verbreiten. Ihr müsst fließen wie der Fluss, der rein ist. Stellt euch den Prüfungen und Schwierigkeiten, denn sie sind Tests, die bestanden werden müssen. Baba unterzieht euch einer Prüfung, und je nach eurer Leistung werdet ihr bestehen oder durchfallen. Habt keine Angst, ich bin bei euch. Macht einen Schritt nach dem anderen. Gebt mehr und mehr auf – wenn euch jemand verletzt, bewahrt Ruhe. Reagiert nicht. Wenn jemand großspurig ist, bleibt ruhig und gelassen. Ihr reagiert wegen eures Egos. Wagt den Sprung und ich werde euch helfen. Bleibt nicht stehen!“

Fortsetzung folgt …

Mit freundlicher Genehmigung: Sri Sathya Sai Media Centre

– Die Autorin, die seit fast sechzig Jahren eine gläubige Devotee ist, kam bereits 1950 zu Sai Baba. Sie wurde von ihm ‚Rani Ma‘ genannt. Ihr Leben glich einer Schatztruhe voller schillernder Erfahrungen von Swamis Göttlichkeit.

Quelle: Sanathana Sarathi December 2021

© Sri Sathya Sai Sadhana Trust Sadhana Trust – Publications Division, Prasanthi Nilayam

Faszinierende Augenblicke mit dem göttlichen Meister