Sanathana Sarathi 10/2022

Auf die Bitte des Königs antwortete Vyasa: „Oh König! Wie die Pandavas gelobt hatten, verbrachten sie zwölf Jahre der Verbannung im Wald und lebten danach ein volles Jahr unerkannt. Als sie sich schließlich offenbarten, schwor Duryodhana, der Älteste der grausamen Sippe, dieses Ungheuer der List, dass das volle Jahr nicht verstrichen sei und dass die Pandavas ihr Gelübde gebrochen hätten. Deshalb, so sagte er, seien sie an die Strafklausel gebunden, ein weiteres zwölfjähriges Exil zu verbringen und ein weiteres Jahr unerkannt zu leben. An dieser Schlussfolgerung hielt er unerbittlich fest.

Die Ältesten jedoch, Bhishma und andere, beteuerten, dass die Pandavas die Bedingungen des Vertrages gewissenhaft erfüllt hätten. Sie hatten ihren Aufenthaltsort während des ganzen Jahres nicht preisgegeben und sie waren die ganzen zwölf Jahre in der Verbannung geblieben. Doch die Kauravas akzeptierten die offensichtliche Wahrheit nicht. Sie bereiteten selbst den Weg für ihren Untergang und ihre Vernichtung. Sie schworen, dass die Angelegenheit nur auf dem Schlachtfeld geregelt werden könne.

Was konnte man angesichts dieses königlichen Dekrets tun? Also bereiteten sich beide Parteien auf den Krieg vor – Duryodhana, der König, und die Pandavas, die verbannten Anspruchsberechtigten. Doch Wahrheit und Gerechtigkeit verbündeten sich mit den Verbannten, und so schlossen sich einige Könige, von moralischen Grundsätzen geleitet, ihnen an. Die anderen stellten sich in großer Zahl auf die Seite des herrschenden Monarchen, und so konnten die Kauravas elf Akshauhinis aufbieten, während die Pandavas nur sieben um sich sammeln konnten. (Ein Akshauhini besteht aus 1.09.350 Fußsoldaten, 65.610 Pferden und Reitern, 21.870 Elefanten und Elefantenkriegern sowie 21.870 Streitwagen und ihrer menschlichen Ausrüstung.)

Höre! Der Streitwagen von Arjuna hatte Krishna, den Geliebten der Gopis, zum Wagenlenker. Nicht nur das, er wurde auch der Wagenlenker des Schicksals der Pandavas. Die Pandavas hatten also keine Schwachstelle in ihrer Verteidigung, er war die ganze Kraft und Stärke, die sie brauchten. Doch in dem großen Schauspiel des Herrn nahm die Rolle Arjunas eine plötzliche und unerwartete Wendung, die alle in Erstaunen versetzte.

Als der Herr Arjuna befahl, vom Wagen aus, den er zwischen den beiden zum Kampf aufgestellten Armeen anhielt, die feindlichen Anführer zu betrachten, denen er entgegen treten sollte, erlaubte Arjuna seinen Augen, blitzschnell die Helden zu erkennen, die ihm im Kampf begegnen wollten. Sofort kamen ihm die Tränen und er wurde von Verzagtheit und Widerwillen überwältigt. Der Anblick erfüllte alle, die es beobachteten mit Scham.

Aber beachte, dass dein Großvater weder von Furcht noch von Feigheit geplagt wurde. Er sah vor sich Bhishma, den verehrten Großvater, der ihn gerne auf seinem Schoß gehalten und ihn wie sein eigenes Kind liebkost hatte. Er sah seinen verehrten Lehrer Drona, von dem er das Bogenschießen in aller Gründlichkeit gelernt hatte. Da klagte sein Herz: ‚Ach, muss ich auch das noch ertragen, diesen blutigen Krieg mit diesen Altehrwürdigen, die ich eigentlich mit zarten, lieblichen Blumen verehren sollte? Wie kann ich Pfeile auf sie schießen? Soll ich die Füße verwunden, die ich mir eigentlich ehrfurchtsvoll auf das Haupt setzen muss, wenn ich mich pflichtbewusst vor ihnen niederwerfe?‘ Das Gefühl, das ihn überkam, war tatsächlich ein Gefühl der Verehrung. Es war dieses Gefühl, das ihn verzagen ließ, und nicht irgendein anderes schwächendes Gefühl.

Die Gefühle von ‚Ich‘ und ‚Mein‘ wurden in ihm so stark, dass er sich an Krishna wandte und sagte: ‚Krishna, fahre den Wagen zurück nach Hastinapura, ich möchte fort von all dem hier.‘ Krishna lachte höhnisch und kommentierte mit kaum verhohlenem Spott: ‚Mein lieber Schwager, offensichtlich hast du Angst vor dem Kämpfen. Nun, ich werde dich nach Hastinapura zurückbringen und stattdessen deine Gemahlin Draupadi mitnehmen. Sie hat keine Angst. Komm, wir kehren zurück. Ich wusste nicht, dass du ein solcher Feigling bist, sonst hätte ich diesen Posten als dein Wagenlenker nicht angenommen. Das war eine grobe Fehleinschätzung meinerseits.‘

Als Krishna dies und noch viele andere harte Worte sagte, erwiderte Arjuna: ‚Glaubst du, dass ich, der ich mit Shiva gekämpft und die Pasupatha-Waffe von ihm errungen habe, vor diesen gewöhnlichen Sterblichen zurückschrecke? Ein Gefühl der Ehrfurcht und der Barmherzigkeit hält mich davon ab, diese Verwandten zu töten. Nicht Furcht hält mich zurück.‘ Arjuna sprach lange und argumentierte mit den Begriffen ‚Ich‘ und ‚Mein‘, aber Krishna ließ seine Argumente nicht gelten. Er erklärte ihm die Grundprinzipien allen Handelns und aller Moral und brachte ihn dazu, die Waffen, die er niedergelegt hatte, wieder aufzunehmen. Er bewog ihn dazu, den vorgeschriebenen moralischen und sozialen Verpflichtungen der Kshatriya-Kaste zu folgen, der er angehörte.

Als die Kaurava-Krieger inmitten der Schlacht alle gleichzeitig Pfeile auf Arjuna regnen ließen, bewahrte ihn Krishna vor dem Hagel, wie er es zuvor getan hatte, als er den Berg Govardhana anhob, und die Dorfbewohner von Gokul und das Vieh vor den Hagelfluten rettete, die der zornige Gott Indra auf sie niedergehen ließ. Er lenkte alle Waffen auf sich und rettete Arjuna, der hinter ihm im Streitwagen saß, vor dem tödlichen Ansturm. Blut floss aus den Wunden an seinem Körper, aber dennoch hielt er dem feurigen Pfeilregen stand, den der Feind losließ. Sein Ziel war es, dass Arjuna vor Schaden bewahrt werden sollte und er beabsichtigte auch, die Macht und den Stolz des bösen Gegners zu schwächen und den Ruhm und das Ansehen Arjunas zu erhöhen.

Krishna trug selbst keine Waffe, aber er bewirkte die Vernichtung der Feinde und verkündete vor aller Welt, dass der Pfad des Dharma, dem die Pandava-Brüder anhingen, allen anderen Pfaden überlegen ist. Während des Kampfes war dein Großvater oft betrübt wegen der Rolle, die Krishna auf sich genommen hatte. ‚Ach, dass wir Dich für diesen unbedeutenden Zweck benutzen. Du, den wir im Lotos des Herzens tragen sollten, wir setzen Dich auf die Planke des Wagenlenkers! Wir haben Dich auf den Stand eines Dieners erniedrigt! Wir schätzen den Herrn so gering, ach, dass wir in eine solche Notlage geraten sind!‘, klagte er in sich hinein.

Noch schlimmer jedoch war eine andere schmerzhafte Handlung, die Arjuna immer wieder ausführen musste. Jedes Mal, wenn dies der Fall war, wurde der arme Arjuna von unerträglichen Gewissensbissen geplagt.“ Als Vyasa dies sagte, senkte er den Kopf, als wolle er dies lieber nicht erwähnen. Das erregte die Neugier von Parikshit und er rief: „Meister! Was genau war das unvermeidliche Unrecht, das er trotz des Frevels anrichten musste?“

Daraufhin sagte Vyasa: „Oh König, wenn der Krieger im Schlachtengetümmel dem Mann, der als sein Wagenlenker fungiert, ein Zeichen geben muss, in welche Richtung er lenken soll, kann er nicht hoffen, gehört zu werden, wenn er nach rechts oder links ruft. Das Getöse ist dafür zu laut und verwirrend. Während er also selbst völlig konzentriert auf den Kampf ist, muss er mit der rechten oder linken Fußspitze die Schläfe des Wagenlenkers stupsen. Zu diesem Zweck hält er die Zehen immer in Kontakt mit den Schläfen des Wagenlenkers, dessen Sitz sich weiter unten befindet. Wenn der Wagen geradeaus fahren soll, so muss gleich stark mit beiden Zehen gedrückt werden. So war es üblich. Da dieser Druck mit schwer beschuhten Füßen ausgeübt werden musste, wiesen beide Schläfen des Herrn täglich Schürfwunden auf. Arjuna verfluchte sich vor lauter Scham. Er hasste den Krieg und betete, dass dieses verruchte Spiel sofort aufhören möge. Es bereitete ihm große Qualen, dass er mit seinen Füßen das Haupt berühren musste, das die Weisen und Heiligen verehrten.

Die Handflächen Krishnas, die weich und zart wie Lotosblüten waren, bekamen überall Blasen, weil sie die Zügel straff halten mussten und weil die Pferde dann am meisten zogen, wenn die Zügel fest angezogen wurden. Der Herr verzichtete auf Essen und Schlaf, verrichtete hohe und niedrige Dienste und hielt sowohl Pferde als auch Wagen in perfektem Zustand bereit. Er führte auch verschiedene andere Besorgungen aus, die für den Sieg unentbehrlich waren. Er badete die Pferde im Fluss, versorgte ihre Wunden und trug heilenden Balsam auf. Warum alles aufzählen? Er spielte den Diener im Haushalt eurer Großväter! Er hat nie die Rolle des kosmischen Herrschers eingenommen, die sein wahres Wesen und seine wahre Stellung ist. So groß war seine Zuneigung zu denen, die ihm ergeben waren“, sagte Vyasa zum König.

Es hilft nicht, den Fächer in der Hand zu halten; du musst ihn kräftig hin und her bewegen, um die kühle Brise zu spüren, die auf dein Gesicht weht. Es gibt keine Brise im Ventilator; sie ist überall um dich herum, als Luft. Richte sie auf dich, indem du den Fächer bewegst. So lenke auch die Gnade Gottes, die überall ist, auf dich und mache dich durch Sadhana glücklich. Das ist der Rat, den du brauchst und den ich dir gebe.

Bhagavan Sri Sathya Sai Baba

© Sri Sathya Sai Sadhana Trust Sadhana Trust – Publications Division, Prasanthi Nilayam

Bhagavatha Vahini, Kapitel 23 – Hüter auf dem Schlachtfeld