Sanathana Sarathi 08/2022

Vyasa beeilte sich, Durvasas seltsames Lachen zu erklären. „Durvasa nahm Duryodhanas Bitte an! Er sagte: ‚Gut! Ich werde es tun‘, und machte sich auf den Weg in den Wald. Duryodhanas Bitte hatte eine tiefe, finstere Absicht. Eines Morgens bei Sonnenaufgang, als die Pandavas dem Sonnengott ihre Gebete darbrachten, erbarmte er sich ihrer und schenkte ihnen aus seiner unermesslichen Gnade ein Gefäß, dessen Inhalt sich nicht verringerte, wie viel man auch entnahm. Es wurde Akshayapatra genannt. Draupadi, die pflichtbewusste Ehefrau, nahm ihre Mahlzeit erst ein, nachdem die fünf Brüder gegessen hatten. Bis sie ihre Mahlzeit beendet hatte, blieb das Gefäß voll mit Essen, egal wie viele Menschen davon aßen. Wenn sie fertig war und das Gefäß gereinigt hatte, gab es nichts mehr her. So schüttete das Gefäß einmal täglich eine reiche Gabe aus, bis sie ihre Mahlzeit beendet hatte. Davor konnte sie Tausende, ja sogar Millionen aus diesem Gefäß satt machen. Aber sobald sie ihre Mahlzeit daraus entnommen hatte, verlor es diese Fähigkeit für den Tag. Das heißt, es musste ein kleiner Rest an Essbarem darin sein, damit er millionenfach vervielfältigt und verwendet werden konnte. Das war die Besonderheit des Gefäßes. Duryodhana wusste darum und bat Durvasa, die Gastfreundschaft der Pandavas erst zu erbitten, nachdem Draupadi ihre Nahrung zu sich genommen hatte.

Sollte der jähzornige Weise um Nahrung bitten und die Pandavas nicht in der Lage sein, ihn und sein riesiges Gefolge zu sättigen, würde er im Hunger einen schrecklichen Fluch aussprechen und das würde die Brüder für immer vernichten. Das verzwickte Problem des Zusammenlebens mit ihnen wäre gelöst und die Kauravas könnten das ganze Reich in Frieden regieren. Das war die böse Absicht von Duryodhana. Aber die Pandavas suchten nicht bei etwas oder jemandem außerhalb von ihnen Unterstützung, sondern bei dem Herrn in ihnen. Was könnte der Fluch eines Weisen, wie mächtig er auch sein mag, da schon ausrichten? Wenn der alles beschützende Herr auf ihrer Seite ist, wie können ihnen die Machenschaften böswilliger Menschen schaden? Ihre Verschwörungen müssen schändlich scheitern. Die bösen Kauravas erkannten nicht, dass, wenn ihre Pläne in eine Richtung gingen, der Herr in eine andere Richtung plante.

Als Durvasa mit seinen zehntausend Jüngern vor den Pandavas erschien, ruhte Draupadi sich nach dem Essen und der Reinigung des heiligen Gefäßes aus und unterhielt sich mit ihren Gatten. Dharmaraja sah den Weisen auf die laubbedeckte Hütte zukommen, in der sie ihre Tage verbrachten. Er erhob sich schnell, begrüßte ihn überschwänglich, wusch ihm die Füße, brachte ihm Blumen zum Zeichen seiner Verehrung dar und warf sich vor ihm auf den Boden. Er erklärte: ‚Ich habe mein höchstes Ziel im Leben erreicht. Dies ist in der Tat ein Tag des höchsten Glücks.‘ Er vergoss Freudentränen und stand mit gefalteten Händen da. Seine Brüder und Draupadi standen an seiner Seite, nachdem sie sich ebenfalls niedergeworfen hatten, und neigten ihre Häupter in ehrfürchtiger Huldigung.

Durvasa, der von der langen Reise sichtlich erschöpft und müde war, sagte mit offenkundiger Gereiztheit: ‚Wir gehen zum Fluss, um zu baden und die Mittagsrituale zu vollziehen. Sorgt dafür, dass für mich und meine zehntausend Gefolgsleute Essen bereit steht, wenn wir zurückkehren.‘ Nach dieser Ankündigung machten sie sich schnell auf den Weg zum Fluss.

Als diese Worte an sein Ohr drangen, erschrak Dharmaraja sehr. Ihm blieb fast das Herz stehen. Er befragte Draupadi und erfuhr, dass das Gefäß gut gereinigt und aufgeräumt worden war. Alle wurden von Kummer überwältigt und sorgten sich, was mit ihnen geschehen würde. ‚Zehntausende sollen satt werden! Oh Gott! Was bringt uns dieser Tag?‘, klagten sie, voll Kummer und Sorge. Für Draupadi, die ideale Hausfrau, war die Möglichkeit, Gäste mit Essen zu bewirten, ein willkommenes Geschenk. Doch die Vorstellung, zu dieser späten Stunde, so viele so schnell verköstigen zu sollen, im Dschungel, wo es keine Vorräte gab, ließ sie verzweifeln. ‚Der Gast, der zu uns gekommen ist, ist der berühmte Durvasa, dessen Fertigkeiten und Fähigkeiten in der ganzen Welt bekannt sind. Mit einem einzigen Gedanken kann er denjenigen, der seinen Zorn erregt, in Asche verwandeln! ‚Ach, welch schreckliches Unglück erwartet meine Gebieter?‘, fragte sie sich und zitterte vor Angst.

Sie konnte sich zu keinem Plan entschließen, wie sie die hungrige Horde, die über sie hereingebrochen war, satt machen sollte. Wer sonst könnte ihr helfen als der Herr, der Retter der Guten, Krishna. ‚Oh, Gopala! Rette meine Gatten. Bewahre uns vor der Vernichtung, die uns droht. Zeige uns, wie wir diese Asketen und diesen Weisen zufrieden stellen können.‘ Mit Tränen in den Augen und mit einem Schmerz, der an ihrem Herzen nagte, rief sie Krishna an. Sehnsüchtig flehte sie den Herrn an. Was auch immer ihr bevorstehen mochte, war ihr einerlei. Aber sie betete, dass ihre Ehemänner gerettet würden und ihr Mangalya (der Status der Ehe) unversehrt bliebe. Sie weinte laut, in unbändigem Kummer. Die Pandava-Brüder hörten ihr Wehklagen und ihr Kummer vervielfachte sich. Auch sie beteten zu Krishna, ihrer einzigen Zuflucht. ‚Oh Nandanandana, Du hast uns vor jedem Unglück, das von den Kauravas verursacht wurde, gerettet. Du hast uns beschützt, wie die Augenlider das Auge schützen. Warum hast Du uns heute in dieses schreckliche Unglück gestürzt? Verzeihe uns unsere Sünden und Fehler. Bewahre uns vor dieser schrecklichen Gefahr. Hilf uns, den Weisen und sein großes Gefolge zufriedenzustellen.‘

Die Gebete der Pandavas und die Tränen Draupadis erweichten das Herz Krishnas in Mathura und veranlassten ihn, zu ihnen zu kommen. Schritte waren zu hören. Die Pandavas, die den Kopf vor Sorge über die Rückkehr Durvasas vom Fluss gesenkt hatten, hoben die Augen und sahen, dass Krishna ihre Hütte betrat, mit seinem Lächeln Glanz verbreitete und sein gelbes Gewand über den Boden schleifte. Sie riefen: ‚Krishna! Krishna!‘ und liefen auf den Herrn zu. Draupadi hörte dies und eilte aus den inneren Gemächern herbei. Sie vermutete, dass es sich um ein Zeichen der Gnade Gottes handeln musste. Doch als sie Krishna sah, beeilte sie sich, ihm zu Füßen zu fallen und sie mit ihren Tränen zu waschen. ‚Rette mich, rette mein Mangalya, befriedige den Weisen und seine Anhänger.‘ Krishna, der vollendete Regisseur dieses kosmischen Schauspiels, schien sich nicht um ihre Ängste zu kümmern, sondern war scheinbar nur mit seinem eigenen Hunger beschäftigt! Er sagte: ‚Draupadi! Das ist seltsam, ich bin hungrig. Stille zuerst meinen Hunger und dann kannst du von mir erbitten, was du brauchst. Gib mir sofort etwas zu essen!‘, und streckte seine Handfläche aus, als könne er nicht warten.

Draupadi sagte: ‚Oh Herr! Dies ist nicht die Zeit zum Scherzen. Dies ist eine Zeit der Prüfung für uns. Rette uns und lache nicht über unsere Notlage.‘ Sie wischte sich die Tränen mit dem Saum ihres Sari ab und streckte ihm flehentlich die Hände entgegen. Krishna hob ihren Kopf mit seiner Hand und sagte in sanftem, beruhigendem Ton: ‚Kind! Beim geringsten Anlass füllen sich die Augen der Frauen mit Tränen. Aber kann mein Hunger durch Tränen gestillt werden?‘ Krishna war offensichtlich in einer spöttischen Stimmung. Draupadi erwiderte: ‚Gopala! Du bist heute der zweite Bittsteller an unserer Tür. Aber wenn wir Dir nicht geben, was Du verlangst, wirst Du uns nicht verfluchen und Unheil über uns bringen. Aber der andere Bittsteller wartet mit zehntausend Gefolgsleuten, um seinen Hunger zu stillen und uns alle zum Abendessen zu verspeisen! Wir werden alle zu Asche verbrannt werden. Woher sollen wir in diesem Wald auch nur ein einziges Korn bekommen? Wie kann ich den Hunger von so vielen Menschen in so kurzer Zeit an diesem unwirtlichen Ort stillen?‘ Sie erklärte den Grund für die Finsternis, die sie befallen hatte.

Gopala lachte laut auf. ‚Zehntausend Gäste sind gekommen, sagst du. Aber ich sehe nicht einen einzigen hier! Ich kann über deine Worte nur lachen. Du wirfst das Kind auf deiner Hüfte weg, um die Kinder zu streicheln, die weit weg sind. Gib mir zuerst genug für meinen Hunger, dann kannst du daran denken, die Menschen zu sättigen, die weit weg sind.‘ Krishna bestand darauf, dass man zuerst ihn bediente und spielte die Rolle eines hungrigen Menschen perfekt. So musste Draupadi ihre missliche Lage erklären. ‚Herr, das Gefäß enthielt verschiedene Speisen. Sie wurden alle aufgetragen und gegessen. Ich habe als letzte gegessen. Danach habe ich das heilige Gefäß, das mir der Sonnengott geschenkt hat, gereinigt und aufgeräumt. Wie kann ich ihm jetzt noch Nahrung entnehmen? Wie soll ich Deinen Hunger stillen? Du bist unsere einzige Zuflucht. Wenn Du, der alles weiß, uns Leid zufügst, was sollen wir dann von anderen erwarten?‘ Draupadi weinte erneut.

Gopala sagte: ‚Gut, bring das Gefäß her. Selbst wenn ich ein bisschen Essbares darin finde, werde ich zufrieden sein.‘ Also ging sie hinein, holte das Gefäß und legte es in die Hände Krishnas. Gopala betastete vorsichtig das Innere des Gefäßes und suchte nach einem Krümel, der dem Scheuern und Waschen entgangen sein könnte. Er fand im Hals des Gefäßes den kleinen Teil eines gekochten Blattes. Daraufhin fragte er Draupadi: ‚Ihr scheint heute ein Blattgemüse zu Mittag gegessen zu haben?‘

Draupadi war überrascht, dass Krishna den kleinen Rest eines Blattes in dem Gefäß entdecken konnte, das sie sauber geschrubbt hatte. ‚Das muss Dein Wunder sein. Welche Arbeit ich auch immer verrichte, ich tue sie gründliche. Ich habe es nicht so schlampig geschrubbt‘, lachte sie. Als sie sich Krishna näherte, um das Blatt zu sehen, zeigte Krishna es ihr und sagte: ‚Schau, das habe ich aus dem Topf geholt. Dies ist genug, um nicht nur meinen Hunger zu stillen, sondern den Hunger aller Lebewesen im Universum.‘ Dann legte er es sich mit der Fingerspitze auf die Zunge, schluckte und rief aus: ‚Ah, wie schön! Mein Hunger ist verschwunden.‘

In diesem Augenblick spürten Durvasa und seine zehntausend Jünger am Flussufer, dass ihre Mägen mit Nahrung übervoll waren. Ihr Hunger war verschwunden. Sie erlebten höchstes Glück, da sie von den Hungerqualen, unter denen sie eine Minute zuvor noch gelitten hatten, befreit waren. Sie teilten einander ihre Verwunderung zunächst mit Gesten und dann mit Worten mit. ‚Unsere Mägen sind schon zu voll, da ist kein Platz mehr für ein weiteres Reiskorn! Dharmaraja wird uns mit einem großen Festmahl besonders köstlicher Speisen erwarten, und er wird darauf bestehen, dass wir seiner Gastfreundschaft voll und ganz gerecht werden. Aber haben wir denn noch Platz für das Festmahl, das er vorbereitet hat? Wir sitzen wirklich in der Klemme‘, sagten sie. Da erinnerte sich jemand daran, was passierte, als ihr Herr Durvasa den König Ambarisha verfluchte und er durch Krishnas Eingreifen vonseiten des Opfers seines Fluches eine Niederlage erlebte.

Sie erzählten Durvasa, wie es um sie stand und was sie vermuteten. Der Weise, der sich bewusst wurde, wessen Gnade Dharmaraja erlangt hatte, segnete ihn und verließ mit seinen Jüngern den Ort auf einem Weg, der die Residenz der Pandava-Brüder mied.

Aber Krishna hatte Bhima beauftragt, zum Fluss zu gehen und den Weisen und sein Gefolge schnell zum Essen zu holen. Als Bhima sah, dass sie sich auf einem anderen Weg entfernten, ging er schneller, und die Jünger rannten aus Angst vor ihm in den Dschungel, um sich zu retten. Bhima stellte sich Durvasa in den Weg und sagte zu ihm: ‚Meister! Mein älterer Bruder befahl mir, euch zu holen, denn das Mittagessen ist für euch alle bereit.‘ Durvasa plädierte auf Unfähigkeit. ‚Bhima! Wir können nicht einmal einen Bruchteil eines Bissens essen. Wir sind zum Platzen voll. Wir sind nicht im Geringsten unzufrieden mit euch. Ich segne euch, damit ihr jedes erdenkliche Glück erlangt. Ich werde zu euch kommen, wenn ihr die Welt als unbestrittene Herrscher regiert, und dann werde ich eure Gastfreundschaft annehmen. Diejenigen, die mich mit sündhaften Motiven zu euch geschickt haben, sind dem vollkommenen Untergang geweiht.‘ Durvasa wünschte ihnen viel Glück und ging mit all seinen Anhängern fort.

Du hast vielleicht bemerkt, Parikshit, dass die Hingabe und Ergebenheit deiner Großväter durch nichts zu übertreffen waren. Und so war auch die Gnade, die Krishna ihnen zuteilwerden ließ, unübertroffen.“ Als Vyasa diese Begebenheiten erzählte, um Parikshit den festen Glauben der Pandavas und die Gnade Krishnas zu zeigen, hörte Parikshit aufmerksam zu, mit Ehrfurcht und Verehrung, Verwunderung und Furcht, die abwechselnd seinen Geist beeinflussten. Wurde die Notlage der Pandavas beschrieben, war Parikshit erregt; wenn ein bevorstehendes Unglück beschrieben wurde, vergoss er Tränen des Mitgefühls; wenn Erfolg beschrieben wurde, vergoss er Tränen der Freude.

Bhagavatha ist von Bhakti durchdrungen. Ohne Bhakti kann der Herr nicht verstanden werden. Shakti, wie hoch und mächtig sie auch sein mag, muss, wenn sie die Welt schützen und fördern will, selbst die menschliche Form annehmen. Nur diese Form wird für alle geeignet sein, ihr zuzuhören und von ihr zu lernen, sie zu ehren und ihr zu dienen. Diejenigen, die keine Bhakti haben, werden diese Form als rein menschlich aufnehmen, denn sie können das Absolute Prinzip, das Paratattwa, nicht erfassen.

– Bhagavan Sri Sathya Sai Baba

Quelle: Sanathana Sarathi August 2021

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Bhagavatha Vahini, Kapitel 21: Die Durvasa-Episode