Sanathana Sarathi 06 2022

Parikshit bat mit tränenfeuchten Augen und in solcher Demut, dass Vyasa sagte: „Mein Sohn! Die Pandavas waren standhafte Anhänger des moralischen Gesetzes; sie wichen nie vom gegebenen Wort ab. Sie hielten sich an die Regel, dass der Besiegte kein Recht hat, die Sieger herauszufordern. Dein Großvater und seine jüngeren Brüder erkannten die moralische Überlegenheit ihres älteren BrudersDharmaraja an und unterwarfen sich. Andernfalls hätten sie die widerlichen Kauravas niedergeschlagen, um sich in ihrem Blut zu suhlen und ihre Leichen den Hunden und Geiern zum Fraß vorzuwerfen.

Trotzdem wollte sich dein Großonkel Bhima auf diese bösartigen Männer stürzen, wie ein Löwe, der an einen Baum gekettet ist. Er lachte zynisch über Dharmarajas Treue zum Dharma, die er für eine Schwäche hielt. Aber was konnte er tun? Der Wille seines ältesten Bruders hielt ihn zurück und er musste untätig bleiben.“

Nachdem Vyasa dies gesagt hatte, fragte Parikshit ihn nach dem Grund, warum die Großväter so gebunden waren. Vyasa lächelte und antwortete: „Mein Sohn, auch das werde ich dir sagen. Dein Großonkel, Dharmaraja, feierte in beispielloser Pracht das Königsopfer, das Rajasuyayajna in der Versammlungshalle, die Maya für ihn gebaut hatte. Die Kauravas waren zum Yajna eingeladen, und wie ich schon sagte, waren sie erstaunt über die Pracht und Herrlichkeit. Sie waren auch von Neid und Rachegelüsten erfüllt, als ob der Reichtum und die Macht der Pandavas sie beleidigten. Sie berieten sich mit bösen Elementen und suchten nach einem Weg, das Glück der Pandavas zu untergraben. Schließlich schmiedeten sie einen Plan.

Das war der Wettstreit im königlichen Würfelspiel. Sie taten so, als wären sie von kindlicher Liebe erfüllt und als wären sie von größter Zuneigung beseelt. Ihre Worte waren vergiftete Honigtropfen, in Butter getränkte Stiche. Sie überredeten ihren blinden alten Vater, Dharmaraja eine Nachricht zukommen zu lassen, die so lautete: ‚Sohn, ihr seid alle Brüder. Kommt und trefft euch und vergnügt euch bei einem Würfelspiel.‘ Als dein Großonkel diese Einladung erhielt, nahm er sie an, ohne zu ahnen, zu welchen Täuschungen die Kauravas fähig waren, denn sein Denken war rein. Er nahm an dem vorgeschlagenen Spiel teil, ohne zu ahnen, was für eine List sie geplant hatten. Und so wurde er dazu verleitet, seine Brüder und schließlich sogar seine Königin Draupadi einzusetzen. Er merkte nicht, dass das Spiel voll von üblen Machenschaften und konspirativen Tricks war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass seine Vettern ihn ins Unglück stürzen würden. So wurde Draupadi nach den Regeln des Glücksspiels das Eigentum der Sieger. Um Rache zu üben und ihren überwältigenden Hass zu kühlen, planten sie auch, die Königin der Pandavas vor den Augen des gesamten Hofes zu entehren. Verdorbene Gehirne können nur verdorbene Pläne ausbrüten.“

Bei diesen Worten brach Parikshit in Tränen aus. Er fragte Vyasa mit einer Stimme, die von Schluchzen unterbrochen wurde: „Wie konnte dieser blinde Dhritharashtra, doch selbst ein Herrscher, dieses entwürdigende Verhalten gegenüber einer anderen Frau und einer Königin zulassen? Natürlich hatte er keine Augen, um zu sehen, aber er hatte sicherlich Ohren, um zu hören. Hatte er sich die Ohren verstopft, so dass ihr Wehklagen ihn nicht erreichen konnte? Oder waren auch sie blind geworden? Die Shastras lehren, dass keine Frau verletzt oder beleidigt werden darf. Sie muss Hilfe und Beistand erhalten, und diese Herrscher, die ihren Untertanen in Sachen Moral und Gerechtigkeit ein Vorbild sein sollten, besitzen die Dreistigkeit, ungestraft gegen die Shastras zu verstoßen. Wie können solche lasterhaften Menschen Herrscher sein? Sind sie nicht die gemeinsten aller Sterblichen? Nur die schlimmsten Sünder kommen auf die Idee, die Frau eines anderen, eine hilflose Frau, zu beleidigen und zu entehren. Ich habe das Gefühl, dass dieses Land deshalb so zerrissen ist, weil solche abscheulichen Menschen an die Macht gekommen sind. Schließlich haben diese Katastrophen die völlige Zerstörung bewirkt. Gott ist nicht blind, nicht wahr?“

Parikshit fuhr mit seinem Protestgeheul fort. „Selbst Dämonen und Barbaren respektieren ihre Frauen. Wenn bei ihnen eine Frau beleidigt wird, rächen sie dies, als ob der ganze Stamm misshandelt worden sei. In diesem Fall waren die Stammesältesten, der Kaiser, ihre Lehrer, die Weisen und Gelehrten alle anwesend und sahen sich diese grausame Tat in öffentlicher Versammlung an. Was war mit der Intelligenz dieser hochrangigen Zeugen? Wurden ihre Augen plötzlich von einer schrecklichen Krankheit geblendet? Hatten sie sich von Gras ernährt, dass ihre Neigung so animalisch wurde? Haben sie in ihrer Animalität die Ehre der Rasse vergessen? Und die Ältesten! Ihr Unterscheidungsvermögen hat sie wohl verlassen und sie glichen nur noch jämmerlichen Karikaturen ihrer selbst.“

Vyasa unterbrach diese Tirade gegen die Ältesten, die in jenen schrecklichen Momenten still blieben. Er sagte: „Parikshit, mein Sohn, ziehe keine voreiligen Schlüsse. Keiner der Ältesten in dieser Versammlung befürwortete das böse Verhalten von Duryodhana, Dussasana und anderen. Sie warnten sie vor den Folgen ihrer Schandtat. Was konnten sie dagegen tun, dass diese bösen Menschen sich so versündigten? Als Dussasana Draupadi an den Haaren in die königliche Halle zerrte, die mit Höflingen und anderen Zuschauern gefüllt war, konnten Vidura, Bhishma und Drona ihren Schmerz nicht mehr beherrschen. Worte sind unzureichende Instrumente, um dies zu beschreiben. Ihre Tränen flossen in Strömen. Sie konnten ihr Gesicht nicht heben und ihren Blick auf die abscheuliche Bande richten.

Es gab noch einen anderen Grund: Aus den zornigen Augen Draupadis flogen Funken, als sie so gequält wurde, und wenn sie auf jemanden im Saal gefallen wären, wäre er zu Asche geworden! Glücklicherweise schaute sie nur auf deinen ältesten Großvater, Dharmaraja. Seine Tapferkeit und sein Gleichmut prägten sich ihr ein und so wurden die versammelten Männer vor dem Untergang bewahrt. Andernfalls hätten Duryodhana, Dussasana und der Rest dieser üblen Brut überhaupt nicht überlebt.

Das Gesicht von Dharmaraja, so voller Gleichmut, bewirkte einen solchen Wandel. Deine Großväter Bhima, Arjuna, Nakula und Sahadeva beobachteten dieses Gesicht, während Draupadis Kämpfe ihnen das Herz zerriss. Während sie dies beobachteten, kühlte sich ihr Gemüt ab. Dharmarajas ruhiges Gesicht bewahrte alle an diesem Tag vor der Vernichtung, sonst wären sie im Feuer ihres Zorns verbrannt und die Schlacht von Kurukshetra wäre überflüssig geworden.

Nichts kann geschehen, es sei denn, Gott will es so, nicht wahr? Wie kann sich jemand über den Willen Krishnas, dem Herrn, hinwegsetzen? Draupadi klagte, dass keiner ihrer Herren sich erhob, um sie zu retten, obwohl sie sie anrief und sie an ihre Tüchtigkeit und Tapferkeit erinnerte. In diesem Moment tauchte der Gedanke an Krishna, den Retter, wie ein Blitz in ihr auf und erfüllte ihr erschöpftes Herz mit Mut. ‚Oh Shyamsunder‘, rief sie aus, ‚diese Beleidigung wurde nicht mir angetan. Es ist auch keine schändliche Kränkung, die den Pandavas gilt. Es ist eine Beleidigung, eine Kränkung, die Dir zugefügt wurde. Du bist unser Ein und Alles. Wir verlassen uns in allem auf Dich. Ist es dann gerecht, dass Du jetzt diese grausame Verletzung unserer Ehre duldest? Wir haben Dir unser Herz geweiht. Hör zu, ich habe mich Dir ganz ergeben. Vielleicht bist Du nicht zufrieden mit dem, was wir Dir bisher zu Füßen gelegt haben. Möge Dein Willen siegen.‘ Auf diese Weise ergab sie sich dem Herrn voll und ganz und ohne Vorbehalte.

Daraufhin nahm der Beschützer der Verlassenen, der Retter derer, die sich ergeben, der Herr, die Mühe auf sich, sie aus der Not zu befreien. Still und ungesehen kam er und segnete sie, ohne dass sie es bemerkte. Und wie durch ein Wunder wurde der Sari, den die menschlichen Unholde zu entfernen versuchten, um sie zu entehren, unendlich. Alle, auch die Peiniger, waren fassungslos über den Beweis von Krishnas Gnade und Draupadis Hingabe. Die guten Menschen und die Weisen erkannten, dass Satya und Dharma niemals zu Schaden kommen können. Ihre Freudentränen zeugten von ihrem Hochgefühl. Der gottlose Dussasana fiel erschöpft und gedemütigt zu Boden. Draupadi erlitt nicht die geringste Entehrung. Die ganze Schmach fiel auf die Kauravas, und die Pandavas blieben davon unberührt.

Lässt es Gott zu, dass die gerechten und moralischen Pandavas eine Demütigung erleiden? Der Schaden, den die Kauravas den Pandavas zufügen wollten, prallte an ihnen ab. Dies war die direkte Folge der Gnade, die Krishna euren Großvätern und eurer Großmutter zuteil werden ließ, und der Hingabe und des Glaubens, den sie in ihn gesetzt hatten.

In der Absicht, der Welt die tiefe Hingabe der Pandavas und ihre Wirksamkeit zu verdeutlichen und sie als Vorbilder für das kommende Kali-Zeitalter hochzuhalten, hat der Herr dieses aufregende Drama inszeniert. Darin steckt nichts anderes als diese Absicht des Herrn. Du magst Verleumdung, Beleidigung und Unehre ausgesetzt sein, du magst in Armut oder Schmerz gestürzt werden, aber der Mensch, der sich dem Willen Gottes ergeben hat, wird all dies mit Freude begrüßen und mit Gleichmut ertragen. Der Herr wird seine Kinder niemals aufgeben. Wer sich Gott hingibt, muss geduldig und ruhig sein, auch unter den größten Anfechtungen. In der Tat werden gerade die Frommen und Gottesfürchtigen von Mühen und Schwierigkeiten heimgesucht: Um die Menschheit diese großen Wahrheiten zu lehren, hat Krishna dieses Schauspiel inszeniert, mit den Pandavas als Darsteller. Jeder Vorfall in ihrem Leben ist nur eine Szene in seinem Spiel.“

Quelle: Sanathana Sarathi June 2022

© Sri Sathya Sai Sadhana Trust Sadhana Trust – Publications Division, Prasanthi Nilayam

Bhagavatha Vahini, Kapitel 19 – die Pandavas – Vorbilder für das Kali-Zeitalter