Sanathana Sarathi 3/2023

Der Bote aus der Einsiedelei sagte: „Oh Kaiser, unser Lehrer hat einen Sohn. Obwohl er noch sehr jung ist, ist der Glanz seiner spirituellen Fortschritte überwältigend. Er verehrt seinen Vater als seinen Gott und sein wichtigstes Ziel im Leben ist es, ihm zu dienen und sein Ansehen zu erhalten. Sein Name ist Shringi. Ihr kamt zu dieser Einsiedelei und aus unergründlichen Beweggründen habt Ihr Shringis Vater, der auch mein Lehrer ist, eine tote Schlange um den Hals gelegt. Ein paar Kinder sahen es, liefen zu Shringi, der mit seinen Kameraden spielte und erzählten es ihm. Er glaubte es zunächst nicht und setzte sein Spiel fort. Aber die Kinder der Einsiedelei wiederholten die Nachricht oft und eindringlich. Sie verspotteten ihn, weil er fröhlich weiterspielte, während sein Vater so grob beleidigt worden war. Sogar seine Spielkameraden lachten über seine Gleichgültigkeit. So rannte er, so schnell er konnte, zu seinem Haus und stellte fest, dass sie die Wahrheit gesagt hatten.

Als er sich umdrehte, sah er Euch davongehen und ohne zu unterscheiden, was von dauerhafter Bedeutung und was von vorübergehendem Interesse ist, von rasender Leidenschaft und Wut getrieben, verlor der Jüngling die Herrschaft über sich selbst und sprach einen Fluch über Euch aus. Das hat meinem Lehrer unendlichen Schmerz bereitet.“ Der Herrscher unterbrach ihn und fragte: „Oh Sohn eines Einsiedlers, sag mir, wie lautet der Fluch.“ Der Jüngling antwortete: „Herr, es fällt mir schwer, es Euch zu sagen. Meine Zunge weigert sich, es auszusprechen. Aber dennoch muss ich es mitteilen, denn mein Lehrer hat mich damit beauftragt. Der Sohn meines Lehrers schöpfte sofort etwas Wasser des heiligen Flusses Kowsiki in seine Hand und sprach: ‚Heute in sieben Tagen soll der König von der Schlange Takshaka gebissen werden.‘, ein schrecklicher Fluch, in der Tat.“ Der Jüngling hielt inne, denn der Kummer übermannte ihn und er brach in Tränen aus.

Aber der Kaiser lächelte nur. Er sagte: „Junger Einsiedler, ist das ein Fluch? Von Takshaka gebissen zu werden, und das erst in sieben Tagen! Das ist kein Fluch, das ist ein Zeichen von Gnade! Dies ist ein Segensspruch aus dem Munde des Sohnes des Lehrers. Ich war in die Angelegenheiten des Reiches vertieft und hatte deshalb die Angelegenheiten des Geistes und Gottes, die die Ziele des Lebens sind, vernachlässigt. Infolgedessen bewog der barmherzige Herr Hari die Zunge des Sohnes dieses Rishis, diese Worte auszusprechen. Er hat mir noch sieben Tagen zugestanden. Was für ein großer Segen! Es muss göttlicher Wille sein, dass ich in diesen sieben Tagen jeden Augenblick in der Kontemplation Gottes verbringe. Von dieser Sekunde an werde ich sowohl Zeit als auch Gedanken ohne Unterbrechung den Füßen des Herrn weihen. Junger Freund, was hat dir dein Lehrer noch befohlen, mir mitzuteilen? Sag es mir schnell. Mein Herz sehnt sich danach, es zu hören.“

Der junge Bote fuhr fort: „Mein Lehrer war der Meinung, dass dieser Fluch einem unverzeihlichen Verrat gleichkommt, denn Ihr seid fest im Dharma gegründet und Gott treu ergeben. Deshalb suchte er lange nach einem Mittel, mit dem die Folgen des Fluches vermieden werden könnten. Durch seine yogische Kraft erfuhr er jedoch, dass es Euch bestimmt ist, Euer Leben als Folge des Schlangenbisses aufzugeben, und es Euch auch bestimmt ist, nach dem Tod zum Sitz des Herrn zu gelangen. Er glaubte, dass dies ein lohnenswertes Ziel sei und dass es eine Sünde wäre, eine solch glorreiche Vollendung zu verhindern. Deshalb schickt er Euch durch mich seinen Segen, damit Ihr in die Gegenwart Gottes gelangen könnt. Ich habe nun meinen Auftrag erfüllt und kann gehen, wenn Ihr es mir erlaubt.“

Parikshit warf sich vor dem jungen Schüler nieder und bat darum, dem großen Heiligen Shamika und seinem Sohn seine ehrfürchtige Dankbarkeit zu übermitteln. Daraufhin ging der junge Einsiedler und berichtete, in der Einsiedelei angekommen, seinem Lehrer alles, was sich in der Hauptstadt zugetragen hatte.

In der Zwischenzeit begab sich der Kaiser in großer Freude in die inneren Gemächer, und bat am Eingang der Frauengemächer darum, dass sein Sohn Janamejaya zu ihm gebracht werde. Als der Sohn dies hörte, wunderte er sich, warum er so plötzlich gerufen wurde, und lief zu seinem Vater. Parikshit holte einen alten Brahmanen in sein Gemach, setzte dem Sohn seine eigene Krone auf, die auf dem Bett lag, ging barfuß und mit nichts als den Kleidern, die er gerade trug, bekleidet zum Ufer des Ganges und ließ den neuen König in der Obhut des alten Priesters.

In kürzester Zeit verbreitete sich die Nachricht im Palast und in der ganzen Stadt. Scharen von Männern und Frauen, Brahmanen und Ministern eilten hinter dem König her und protestierten mitleiderregend, aber vergeblich. Sie weinten laut, fielen ihm zu Füßen und wälzten sich im Staub quer über seinen Weg. Der König bemerkte nichts. Er gab keine Antwort. Er ging weiter, mit dem Namen des Herrn und dem Ziel der Selbsterkenntnis in seinen Gedanken. Schnell ging er auf das Ufer des heiligen Ganges zu. Als man feststellte, dass der König allein und ohne Diener zum Fluss gegangen war, brachte man den königlichen Elefant, das königliche Pferd und die Sänfte in einer Reihe hinterher, so dass er einen von ihnen besteigen konnte, wie es seine Gewohnheit war. Aber der König schenkte den Aufforderungen keine Beachtung. Das Volk war erstaunt, dass sein Herrscher auf Essen und Trinken verzichtete. Er war ohne Unterbrechung mit der Rezitation des Namens des Herrn beschäftigt. Da niemand den Grund für diesen plötzlichen Entschluss zur Entsagung kannte, machten alle möglichen Gerüchte die Runde, je nach dem Vorstellungsvermögen eines jeden Einzelnen.

Aber einige Leute erforschten, was dem Entschluss zur Entsagung vorausgegangen war und stellten fest, dass der Schüler eines Einsiedlers mit einer wichtigen Nachricht gekommen war. Als man diesem Hinweis nachging, wurde bekannt, dass der König nur noch sieben Tage zu leben hatte. Das Volk versammelte sich am Ufer des Flusses und saß in großer Trauer um den König herum und betete für seine Sicherheit.

Die tragische Nachricht verbreitete sich so schnell, dass sie bis in die Wälder drang. Die Asketen und Sadhakas, die Weisen und Heiligen – auch sie wanderten mit Wasserkrügen in der Hand zum Ufer des Ganges. Der ganze Platz erweckte den Anschein eines großen Festes, die Rezitation des Om war zu hören sowie vedische Hymnen und Lieder, die die Herrlichkeit des Herrn besangen. Einige Gruppen schimpften über den Sohn von Shamika, der die Ursache für die ganze Tragödie war. So war das Ufer in kurzer Zeit mit menschlichen Köpfen gefüllt, so dass kein einziges Sandkorn mehr zu sehen war.

In der Zwischenzeit näherte sich ihm ein alter Einsiedler, der von großem Mitleid und tiefer Zuneigung für den Kaiser erfüllt war, und sprach unter Tränen der Liebe zu ihm: „Oh König! Die Menschen reden alles Mögliche. Es gibt viele verschiedene Versionen, die von Mund zu Mund gehen. Ich bin zu Euch gekommen, um die Wahrheit zu erfahren, ich kann nur unter großen Schwierigkeiten gehen. Ich liebe Euch so sehr, dass ich es nicht ertragen kann, all das zu hören, was die Leute über Euch sagen. Was genau ist geschehen? Was ist der Grund für diesen plötzlichen Akt der Entsagung? Welches Geheimnis verbirgt sich hinter dem Fluch, den der Sohn eines Einsiedlers über eine so hochentwickelte Seele wie Euch ausgesprochen hat? Erklärt es! Befriedigt unser Verlangen, die Wahrheit zu erfahren. Ich kann nicht tatenlos zusehen, während die Menschen so leiden. Ihr ward wie ein Vater für sie, aber jetzt schenkt Ihr ihren Bitten keine Beachtung mehr. Ihr habt alle Bindungen aufgegeben und seid hierhergekommen. Sagt ihnen doch wenigstens ein paar tröstende Worte. Während Ihr stumm und hungrig am Flussufer sitzt und Euch in strenger Askese übt, sind die Königinnen und Minister wie Fische, die aus dem Wasser geworfen wurden. Wer war dieser junge Mann, dessen Worte diesen schrecklichen Sturm ausgelöst haben? Ist er wirklich der Sohn eines Einsiedlers? Oder ist das nur eine Verkleidung? Das alles ist mir ein Rätsel.“

Der König lauschte diesen Worten, die mit solcher Zuneigung und Gelassenheit gesprochen wurden. Er öffnete die Augen und fiel dem Weisen zu Füßen. „Meister! Mahatma! Was sollte ich vor dir verbergen? Es lässt sich nicht verbergen, selbst wenn ich es wollte. Ich ging in den Wald, um zu jagen. Viele wilde Tiere wurden gesichtet, aber sie liefen auseinander, als wir uns näherten. Die kleine Gruppe von Bogenschützen, die mich begleitete, wurde bei dem Versuch, die Tiere zu verfolgen, ebenfalls zerstreut. Ich fand mich allein auf der Spur des Wildes und war weit weg von meinem Gefolge. Ich fand kein Wild, litt großen Hunger und Durst und die sengende Hitze erschöpfte mich. Schließlich entdeckte ich eine Einsiedelei und betrat sie. Später erfuhr ich, dass es die Hütte des Rishi Shamika war. Ich rief wiederholt, um herauszufinden, ob jemand da war. Ich erhielt keine Antwort, und es kam auch niemand heraus. Ich sah einen Einsiedler in tiefer Meditation sitzen, versunken in sein eigenes Dhyana. Als ich aus der Hütte trat, spürte ich etwas Weiches unter meinem Fuß. Ich hob es auf und stellte fest, dass es eine tote Schlange war. Sobald mein Blick darauf fiel, war mein Verstand vergiftet. Ein böser Gedanke kam mir in den Sinn. Ich legte sie dem Meditierenden um den Hals. Der Sohn des Einsiedlers erfuhr irgendwie davon und konnte die Schmach nicht ertragen. Er sprach folgenden Fluch aus: ‚Möge diese Schlange um den Hals meines Vaters die Gestalt von Takshaka annehmen und das Leben des Mannes, der meinen Vater so beleidigt hat, am siebten Tag von heute an beenden.‘

Aus der Einsiedelei wurde mir die Nachricht von diesem Fluch und seinen Folgen gesandt. Ich bin mir der Sünde bewusst, die ich begangen habe und denke, dass ein König, der zu einer solchen Sünde fähig ist, keinen Platz im Königreich hat. Deshalb habe ich alles aufgegeben, jede Bindung. Ich habe beschlossen, diese sieben Tage der unablässigen Betrachtung der Herrlichkeit Gottes zu weihen. Es ist mein großes Glück, dass mir diese Chance gegeben wurde. Deshalb bin ich hierhergekommen.“

Als die Edelleute, Höflinge, Prinzen, Königinnen, Minister, Einsiedler und alle andere, die um ihn herum waren, die wahren Tatsachen erfuhren, ließen sie die wilden Vermutungen sein, die sie bis dahin angestellt hatten, und beteten laut, dass der Fluch seinen tödlichen Stachel verlieren möge.

Quelle: Sanathana Sarathi March 2023

© Sri Sathya Sai Sadhana Trust Sadhana Trust – Publications Division, Prasanthi Nilayam

Bhagavatha Vahini, Kapitel 26 – Fluch oder Segen?