Sanathana Sarathi 9/2021

10. Kapitel

Bhima konnte noch ein wenig Mut aufbringen. „Bruder“, sprach er, „erlaube mir, sogleich nach Dvaraka zu eilen und dann so schnell wie möglich zurückzukehren, um deine Ängste mit einem ausführlichen Bericht über alle Vorkommnisse zu zerstreuen.“ Noch während Bhima auf den Knien um Erlaubnis bat, ging die Sonne unter, und von überall her begannen die Lampen ein schwaches Licht auszustrahlen.

Währenddessen kam ein Wächter vom Haupteingang her eilig herein und verkündete, dass Arjuna gekommen sei und sich den königlichen Hallen nähere. Alle erhoben sich, als sei das Leben plötzlich in sie zurückgekehrt. Voll Begierde auf die Neuigkeiten aus Dvaraka eilten sie Arjuna entgegen. Arjuna trat ein, verzweifelt und verzagt, und ließ kein Zeichen der Freude erkennen. Ohne seine Brüder anzusehen, stürzte er zu Dharmarajas Füßen nieder.

Diese Anzeichen bestätigten Dharmarajas Befürchtungen, und er wollte Genaueres erfahren. Er fragte, wie es um die Freunde und Verwandten in Dvaraka bestellt sei. Arjuna konnte den Kopf weder heben noch wenden. Die Brüder sahen, wie seine Tränen über Dharmarajas Füße strömten, und erstarrten vor Schreck. Dharmaraja verlor jegliche Haltung. Er versuchte, Arjuna aufzuheben, packte ihn bei den Schultern, schüttelte ihn und schrie in seiner Qual: „Bruder! Was ist passiert? Was ist mit den Yadavasgeschehen? Berichte uns! Unsere Herzen zerspringen. Erlöse uns aus dieser Todesangst!“

Doch von Arjuna kam keine Antwort. Er konnte sich weder erheben noch war er imstande, Worte hervorzubringen. Dharmaraja fuhr fort, ihn mit Fragen zu überschütten, erkundigte sich nach dem Wohlergehen der Yadavas und anderer, erwähnte alle mit Namen und fragte nach jedem Einzelnen von ihnen. Auch auf dieses Schnellfeuer der Verzweiflung reagierte Arjuna nicht. Weder antwortete er, noch hob er sein Angesicht, um seinem Bruder in die Augen zu schauen.

„Du brauchst uns nicht alles zu erzählen, nur eines: Was sollst du uns von Vasudeva ausrichten? Wie lautet seine Botschaft an uns, sag es uns!“, bat Dharmaraja. Arjuna hielt es nicht mehr aus. Er ließ dem Schmerz, den er so lange zurückgehalten hatte, freien Lauf: „Wir haben keinen Vasudeva mehr! Wir sind Waisen. Wir konnten ihn nicht halten, unser Glück hat uns verlassen!“, stieß er hervor, dann fiel er wieder aufs Angesicht und schluchzte.

Sahadeva erfasste die Lage und deren mögliche Folgen und schloss alle Türen der Halle, dann bemühte er sich, die Wogen des Schmerzes zu glätten.

„Weh uns, dass wir dies erleben müssen! Oh Schicksal, wie kannst du die Welt nur so grausam behandeln?“ jammerten die Brüder im Chor. „Oh Herr, warum hast du die Pandavas derart verlassen? Warum dieser Treuebruch? Dass wir überlebt haben, nur um diese Botschaft vernehmen zu müssen, ist die Folge einer Anhäufung von Sünden vieler Generationen!“ – so klangen ihre Fragen und Erklärungen. Dann versank jeder von ihnen tief in seinem eigenen Schmerz, seiner eigenen Verzweiflung, und düstere Stille senkte sich über die Halle.

Dharmaraja erlangte als erster die Fassung wieder. Die Tränen aus den Augen wischend, fragte er Arjunamit schwacher Stimme: „Kannst du uns berichten, wie es den Eltern geht und Nanda und Yashoda und den anderen Yadavas? Berichte uns von ihnen. Sicher sind sie gebrochen vom Schmerz über den Verlust unseres Herrn. Wenn schon wir so von Kummer überwältigt sind, wie muss es dann erst um sie stehen? Sie müssen doch völlig verzweifelt sein. Wie können sie noch atmen? Ach, es ist sinnlos, sich den Schmerz einzelner Personen vor Augen zu führen – die ganze Stadt Dvaraka muss in einem Meer untröstlichen Schmerzes versunken sein!“

Dharmaraja schluchzte bei dieser Vorstellung. Da Arjuna ihn so sah, sprach er: „Bruder! Die Leute von Dvaraka sind weitaus besser dran als wir. Wir sind die Allerunglückseligsten. Wir sind verhärtete Kreaturen, die einzigen, die die Schreckensnachricht von Vasudevas Hinscheiden aus dieser Welt überlebt haben. Alle anderen verließen die Welt noch bevor die Nachricht von seinem Fortgang bekannt wurde.“

Darauf rief Dharmaraja aus: „Hari, Hari, o Gott! Was hast du da gesagt? Ich verstehe nicht – wurde Dvaraka von einer Flutwelle verschlungen? Oder sind barbarische Horden eingefallen, haben die Stadt überwältigt und die Einwohner ermordet? Arjuna, sag uns, was geschehen ist! Unsere Phantasie malt sich schon die schrecklichsten Bilder aus, mach dem bitte ein Ende!“ Dharmaraja ergriff Arjunas Hand und hob sein Gesicht auf, um ihn zu einer Antwort zu bewegen.

„Nein“, sprach Arjuna, „kein Meer wurde wild und verschlang Dvaraka, kein Herrscher führte sein Heer gegen die Stadt. Bosheit und Gemeinheit verbreiteten sich aufs Irrsinnigste unter den Yadavas und erregten Streit und Hass in solchem Maße, dass sie sich mit ihren Waffen gegenseitig umbrachten.“

„Arjuna, eine übermächtige Kraft muss die Yadava-Sippe, jung und alt, gezwungen haben, sich selbst in einem Massaker zu opfern. Denn ohne Ursache gibt es keine Wirkung, nicht wahr?“, fragte Dharmaraja und erwartete, Näheres über die Ursachen des Gemetzels zu hören.

Arjuna wartete eine Weile, um den erneut aufsteigenden Schmerz zu überwinden; dann begann er, von den Ereignissen zu berichten. Die drei anderen Brüder scharten sich dicht um ihn und Dharmaraja und lauschten der tragischen Geschichte.

„Ich habe erfahren, dass auch nicht das kleinste Ereignis ohne den Willen Vasudevas stattfinden kann. Davon bin ich mittlerweile völlig überzeugt. Er ist derjenige, der die Schnüre der Marionetten hält und die Puppen ihre Rollen spielen lässt. Und dann setzt er sich auch noch unter die Zuschauer und tut, als kenne er die Handlung, Geschichte und Rollenverteilung nicht. Die Schauspieler können von seiner Regie nicht im Geringsten abweichen, denn sein Wille leitet und bestimmt jede Bewegung und jeden Schritt. Die verschiedenen Gefühle und Geschehnisse, die das Schauspiel auf der Bühne sich entrollen lassen, haben ihren Einfluss auf die Herzen der Beteiligten. Im Herzen des Puppenspielers jedoch erregen sie nicht die geringste Bewegung.

Er bestimmt, was eine Person sagen und was eine andere tun soll, und er gibt ihnen die passenden Worte und Taten ein. Die Folgen der Taten, die jeder Einzelne in früheren Leben ausgeführt und in das gegenwärtige mitgebracht hat, tragen auch ihr Teil zu diesem Schicksal bei. Die Yadavas, unsere Verwandten und Freunde, waren, wie ihr wisst, religiöse und Gott hingegebene Menschen. Vielleicht hat irgendwann ein Heiliger sie mit einem Fluch belegt, oder sie haben irgendeine schwerwiegende Sünde begangen – welche Erklärung hätten wir sonst für diesen plötzlichen Umsturz in ihrer Geschichte, für diese unwahrscheinliche Tragödie?

Sie hielten in Prabhasakshetra eine prunkvolle Opferfeier ab. Volle sieben Tage lang wurde das Opfer gefeiert, in nie dagewesener Pracht und Größe. Beim Abschlussopfer wurden Gaben in wahrhaft vedischem Ausmaß ins heilige Feuer geopfert, wobei Krishna, der Herr, selbst anwesend war. Später nahmen die Teilnehmer und Priester das zeremonielle Bad im heiligen Gewässer, dann erhielten die Brahmanen ihren Anteil an den Opfergaben und verteilten diese an die Yadavas. Alles geschah in vollkommener Ruhe, Zufriedenheit und Freude.

Gegen die Mittagsstunde wurde die Speise an die Brahmanen ausgeteilt, und danach setzten sich die Yadavasin langen Reihen nieder, um am Festessen teilzunehmen. Das Unglück wollte es, dass einige Yadavas dabei zu viel von den berauschenden Getränken zu sich nahmen und derart die Selbstbeherrschung verloren, dass sie ihre eigenen Verwandten für Feinde hielten. Sie begannen Streitereien, die in ernsthafte Kämpfe ausarteten. Es muss ein Teil des göttlichen Planes gewesen sein, denn ein Mann mag noch so ungebärdig und gemein sein – niemals würde er doch seine eigenen Kinder und Eltern umbringen! Oh, wie entsetzlich! In dem nun folgenden allgemeinen Gemetzel töteten Söhne ihre Väter und Väter ihre Söhne. Bruder erschlug Bruder, der Schwiegersohn den Schwiegervater und der Schwiegervater den Schwiegersohn in einer wahnhaften Orgie blinden Hasses, bis keiner mehr am Leben war!“ Arjuna konnte nicht mehr weitersprechen. Er lehnte sich an die Wand und umfasste mit beiden Händen seinen Kopf, der ihm vor Schmerz und Pein zu zerspringen drohte.

Dharmaraja hatte den Bericht mit Schrecken und Staunen vernommen. Er legte seine Hände auf Arjunas Rücken und sprach: „Was erzählst du da? Das ist eine unglaubliche Geschichte. Da über deine Zunge nie eine Unwahrheit kommt, bin ich gezwungen zu glauben, dass das alles der Wahrheit entspricht. Wie ließen sich sonst ein solch plötzlicher Charakterumschwung und ein solches Blitzmassaker erklären? Nirgendwo habe ich jemals solch tiefe gegenseitige Freundschaft erleben dürfen wie bei den Yadavas. Außerdem weichen sie niemals auch nur im Geringsten von dem von Krishna ihnen vorgezeichneten Pfad ab, auch nicht im wildesten Getümmel. Dass diese Leute alle Regeln guten Benehmens missachten und einandertotschlagen sollten, und das auch noch in Krishnas Anwesenheit, das ist mehr als seltsam. Ein solcher Umschwung findet nur statt, wenn das Ende der Welt bevorsteht.

Ach, Arjuna! Krishna hätte doch dem Kampf Einhalt gebieten können. Hat er nicht versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln und sie auf ihre Plätze zu verweisen? Krishna ist doch der erfahrenste Meister der Kriegs- sowie der Friedenskunst. Dass er nicht versucht hat, diese Tragödie zu verhindern, lässt mir diese furchtbare Zerstörungsgeschichte noch erstaunlicher erscheinen.“

Dharmaraja saß in tiefer Trauer, das Haupt auf die geballte Faust gestützt, die andere Hand auf seinem Knie. Die Tränen rannen ihm fortwährend über die Wangen. Arjuna versuchte, einige Worte des Trostes zu finden: „O König!“ sprach er, „du weißt um Krishnas Größe und Gnade, dennoch stellst du Fragen und hegst Zweifel, ob er dies oder jenes wirklich getan hat. Was soll ich da entgegnen? Das Schicksal der Yadavas gleicht dem unseres eigenen Stammes. Waren wir und die Kauravas nicht Brüder? Auf beiden Seiten hatten wir Verwandte, die uns zugetan waren. Wir hatten denselben Krishna in unserer Mitte, und dennoch mussten wir die Schlacht von Kurukshetra durchmachen. Dieser Krieg hätte doch nie stattgefunden, wenn Krishna es nicht gewollt hätte. Die vier Millionen Krieger, die auf dem Schlachtfeld fielen, wären dann nicht verloren gewesen. Haben wir uns je gewünscht, über dieses Land zu herrschen, nachdem wir alle umgebracht haben? Nichts kann jemals ohne den ausdrücklichen Befehl des Herrn geschehen. Niemand kann sich gegen seinen Willen stellen oder seinem Befehl zuwiderhandeln.

Diese Welt ist die Bühne, auf der jeder die Rolle spielt, die der Herr ihm zugeteilt hat, und auf der jeder so viel Zeit verbringt, wie der Herr ihm gegeben hat. Seinen Anweisungen hat jeder unbedingt und unverzüglich Folge zu leisten. Wir mögen in unserem Stolz denken, dass wir das eine oder andere selbst vollbracht hätten. In Wahrheit jedoch geschieht alles so, wie er es will.“

Nach diesen Worten Arjunas begann Dharmaraja, seine Gedanken auszusprechen: „Arjuna! Viele Gründe haben uns in den Mahabharata-Krieg gezogen. Mit Diplomatie und friedlichen Mitteln haben wir unser Bestes versucht, um unser Königreich, unsere Stellung und alles, was uns rechtmäßig zustand, wiederzuerlangen. Geduldig haben wir viele Beleidigungen und Demütigungen ertragen. Als Ausgestoßene mussten wir im Urwald umherziehen. Durch göttliche Gnade entkamen wir so manchem Anschlag auf unser Leben. Mit Feuer und Gift haben sie versucht, uns zu vernichten. In aller Öffentlichkeit haben sie unsere Königin beleidigt. Mit systematischer Grausamkeit haben sie versucht, unsere Herzen zu brechen.

Dennoch gibt es letztlich immer und überall nur drei Gründe für Krieg: Reichtum, Macht und Frauen. Betrachtet man jedoch das Beispiel der Yadavas, so hatten sie keinerlei Gründe dieser Art, übereinander herzufallen. Es scheint, dass das Schicksal der einzige triftige Grund für diesen verheerenden Umsturz war.

Die Yadavas konnten im Reichtum baden. Es fehlte ihnen weder an Getreide noch an Gold, und ihre Frauen waren wahre Muster an Tugend, treu und ergeben. Nie haben sie sich den Wünschen oder Anordnungen ihrer Gatten widersetzt. Von ihrer Seite her konnte ihren Gebietern keine Beleidigung oder Niederlage kommen. Wie konnte sich dann so plötzlich Zwietracht und gegenseitige Zerstörungswut unter ihnen erheben?“

Arjuna erwiderte: „Lieber Bruder! Wir sehen die äußeren Umstände, die Vorgänge, die zu einem Schlussergebnis führen, und in unserer Unwissenheit urteilen wir, dass gewisse Ursachen bestimmte Wirkungen hervorbringen. Aus bestimmten Umständen ziehen wir Schlüsse über die Art der Empfindungen und Emotionen. Umstände, Ereignisse, Empfindungen und Gefühle sind jedoch nur ,Werkzeuge‘ in den Händen des Herrn und dienen seinem Willen und seiner Absicht. Im richtigen Augenblick gebraucht er sie für seinen Plan und erzeugt den von ihm gewollten Kampf. Er ist die Verkörperung der Zeit. Er kommt als Herr der Zeit, und indem er den Knoten der Handlung auf eine bestimmte Art löst, beendet er das Schauspiel. Dasselbe, was Geburt bewirkt, bewirkt auch den Tod. Er findet für beides in gleichem Maße einen Grund. Versuchen wir je zu ergründen, warum eine Geburt stattfand? Warum wollen wir dann wissen, aus welchem Grunde der Tod eintritt? Es ist geschehen, das genügt. Es ist müßig und überflüssig, nach Gründen zu suchen.

Der Herr bringt Wesen dazu, weitere Wesen hervorzubringen, und er bewirkt, dass Wesen andere Wesen vernichten. Körper werden geboren, Körper sterben, nichts vergleichbar Tragischeres geschieht bei Geburt oder Tod. Vasudeva hat uns das oft gelehrt. Er wollte uns festen Mut geben; warum sollten wir an seinen Worten zweifeln oder wankelmütig werden?

Man könnte einwenden, dass es ungerecht ist, wenn er, der unsere Geburt bewirkt hat, uns wieder tötet. Zwischen Geburt und Tod hat der Mensch die Möglichkeit, gute Taten oder auch Sünden zu begehen, Verdienst und Schuld, Punya und Papa, anzusammeln, und das hat einigen Einfluss auf den Verlauf der Ereignisse. Innerhalb dieser Grenzen spielt der Herr sein Spiel mit Geburt, Leben und Tod.

Geburt und Tod sind zwei hohe Felsklippen, zwischen denen der Lebensfluss dahinfließt. Der Glaube an die Kraft des Selbst ist die Brücke über den Abgrund, und denen, die diese Kraft und den Glauben daran entwickelt haben, machen Sturmfluten nichts aus. Mit dieser Kraft als sicherer Stütze können sie allen Gefahren ins Auge blicken und das andere Ufer erreichen. Oh König! Dies alles ist nichts als ein gewaltiges Puppenspiel unseres Meisterregisseurs. Wie gestern die Kauravas hatten heute die Yadavas keinerlei eigenständiges Sein. Es hat keinen Zweck, irgendeinem von ihnen Vorwürfe zu machen.

Kann dieser grobstoffliche Körper, der aus den fünf Elementen besteht – nämlich aus Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther – ohne die Anweisungen des Herrn handeln oder sich bewegen? Nein, Gott spielt sein Spiel, indem er bewirkt, dass einer durch den anderen geboren wird und einer durch den anderen stirbt. Welche Erklärung gibt es sonst dafür, dass eine Schlange Eier gebiert, sie wärmt, um die Jungen auszubrüten, und dann die so geborenen Kinder auffrisst? Sie frisst aber davon nur diejenigen, deren Zeit sozusagen um ist. Nicht alle kleinen Schlangen enden so. Die Fische in den Gewässern werden mit Netzen gefangen, wenn ihre Zeit abgelaufen ist; ja, kleine Fische werden von großen gefressen, und diese wiederum werden von noch größeren verschlungen. Das ist Gottes Gesetz. Die Schlange frisst den Frosch, der Pfau die Schlange, das ist sein Spiel. Wer könnte die Gründe dafür ermessen? Die Wahrheit ist: Alles, was geschieht, ist Beschluss dieses Krishna.

Wir können das Geheimnis seines Spiels nicht erfassen. Es ist uns nicht gelungen, es zu verstehen. Sich darüber nun Sorgen zu machen, bringt nichts ein. In dieser trügerischen menschlichen Gestalt verkehrte er mit uns, setzte sich mit uns an den Tisch und handelte, als sei er unser Verwandter und Führer, Freund und Gönner. Aus manchem Unheil, das uns zu überwältigen drohte, hat er uns errettet. Er überschüttete uns mit seiner göttlichen Gnade und löste für uns die schwierigsten, unlösbar scheinenden Probleme auf bemerkenswert einfache Weise. Die ganze Zeit, in der er uns der Nächste und Liebste war, ließen wir uns vom Stolz über den Besitz seiner Gnade verführen. Wir haben versäumt, uns mit der allerhöchsten Freude zu sättigen, die darin besteht, tief in die Fluten seiner Gnade einzutauchen. Wir haben von ihm nur äußerlichen Sieg und vergänglichen Gewinn zu erlangen gesucht. Den großen Reichtum, mit dem wir unsere Herzen hätten füllen können, haben wir missachtet. Wir haben nie über sein wahrhaftes, wirkliches Sein nachgedacht.

Er hat uns fünf behütet wie seine fünf Lebensenergien. Kein Unterfangen war ihm zu gering, uns darin zu helfen und zu führen und alles für uns zu tun. Bruder, was soll ich noch sagen? Wir mögen noch viele Male geboren werden, aber solch einen Freund und Verwandten finden wir nie wieder. Von ihm habe ich eine Liebe erfahren, die inniger war als die einer Mutter, eine Liebe, wie keine Mutter sie geben kann.

Bei so vielen Gelegenheiten hat er die Lasten der Pandavasauf seine Schultern genommen. Um uns von Mühen zu befreien, hat er innerhalb von Minuten Maßnahmen ersonnen und erfolgreich durchgeführt. Nur durch seine Gnade haben wir Pandavas bis heute in dieser Welt überlebt.

Wozu noch tausend Einzelheiten aufzählen? Jeder Blutstropfen, der durch diese Adern rinnt, ist nichts als ein Tropfen seines Gnadenregens. Jeder Muskel ist ein Stück seiner Liebe, jeder Knochen und jeder Knorpel nur ein Teil seiner Barmherzigkeit. Und wir haben dieses Geheimnis nicht verstanden, stolzierten herum und brüsteten uns: „Ich habe dies vollbracht!“ und „Ich habe das erreicht!“ Nun erst wird uns deutlich, dass wir ohne ihn nichts sind als leere Hüllen.

Natürlich, alle Menschen erleiden das gleiche Schicksal. Sie vergessen, dass der Alleinherrschende, Allwissende, Allmächtige mit ihnen wie mit Puppen spielt. Sie denken, dass sie die tatsächlich Handelnden und Genießenden sind, und versinken wie ich im Nichterkennen der grundlegenden Wahrheit. Wenn schon wir berühmten Helden und Krieger dieser Illusion erliegen, was wollen wir dann von gewöhnlichen Menschen erwarten, die keine Möglichkeit haben, zu diesem Wissen zu erwachen?

Quelle: Sanathana Sarathi September 2021

© Sri Sathya Sai Sadhana Trust – Publications Division, Prasanthi Nilayam

Bhagavatha Vahini: Mysterium Krishna

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